11.6. Wesentlicher Verfahrensmangel
In T 1411/08 und T 1515/07 stellten die Kammern fest, dass ein wesentlicher Verfahrensmangel seitens der Prüfungsabteilung vorlag, weil diese eine offensichtlich erforderliche zusätzliche Recherche nicht durchgeführt hatte (s. auch T 1924/07). In T 1924/07 urteilte die Kammer, dass danach zu unterscheiden ist, ob die Prüfungsabteilung ungeachtet ihrer Erkenntnis gehandelt hat, dass die Merkmale technisch und nicht bekannt seien, eine Situation, in der eine Recherche "offensichtlich erforderlich" ist (vgl. T 1515/07 und T 1411/08), oder ob sie die Merkmale versehentlich übersehen oder falsch bewertet hat, so dass eine "Fehlbeurteilung" vorliegt (vgl. T 690/06 und T 698/11); in letzterem Fall liegt kein Verfahrensmangel vor (s. dieses Kapitel V.A.11.6.10).
Wenn – so die Kammer in T 736/14 – eine Anmeldung nicht einheitlich ist und der Anmelder unklar und/oder missverständlich auf die Aufforderung der Prüfungsabteilung reagiert, mitzuteilen, welche der recherchierten Erfindungen er weiterverfolgen möchte, kann nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Anmelder die im Hauptantrag enthaltene Erfindung ausgewählt hat. Vielmehr muss die Prüfungsabteilung z. B. über eine weitere Mitteilung klären, welche der recherchierten Erfindungen der Anmelder tatsächlich prüfen lassen möchte. Den Anmelder mit der unwiderruflichen Entscheidung zu konfrontieren, einen Hilfsantrag zu einer der recherchierten Erfindungen nicht zuzulassen, ohne dass er zur Zulässigkeit Stellung nehmen konnte, stellte eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. In T 291/93 wurde ausgeführt, dass der pauschale Hinweis des Beschwerdeführers auf eine unzulängliche Recherche zum Stand der Technik keinen wesentlichen Verfahrensmangel begründen könne.