4. Verfahrensrechtliche Aspekte
R. 97 (1) EPÜ (Art. 106 (4) EPÜ 1973) besagt, dass die Verteilung der Kosten des Einspruchsverfahrens nicht einziger Gegenstand einer Beschwerde sein kann. Eine Beschwerde gegen die Kostenverteilung ist daher grundsätzlich als unzulässig anzusehen, wenn die den Widerruf eines Patents betreffende Beschwerde mangels ausreichender Begründung als unzulässig verworfen wird und kein anderer zulässiger Antrag vorliegt. Falls jedoch in der angefochtenen Entscheidung die Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung nicht berücksichtigt worden und die Entscheidung daher mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet sei, müsse der die Kostenverteilung betreffende Teil der angefochtenen Entscheidung aufgehoben werden (T 154/90, ABl. 1993, 505).
In T 1237/05 stellte die Kammer fest, dass der Einsprechende, der durch den Widerruf des Patents nicht beschwert sei, nicht einzig und allein gegen die Kostenverteilung Beschwerde einlegen könne. Die Beschwerde des Einsprechenden sei schon allein wegen Art. 106 (4) EPÜ 1973 unzulässig. Dass eine – hier die vom Patentinhaber eingelegte – Beschwerde zulässig sei, könne für sich genommen der nur gegen die Kostenentscheidung gerichteten Beschwerde des Einsprechenden (der im Übrigen durch die erstinstanzliche Entscheidung in der Sache nicht beschwert sei) noch keinen zulässigen Charakter verleihen. Es müsse unterschieden werden zwischen einem Beschwerdeverfahren einerseits (das durch mindestens eine zulässige Beschwerde eingeleitet werde) und der von einem Beteiligten eingelegten Beschwerde andererseits; der Ausdruck "nicht einziger Gegenstand einer Beschwerde" ("aucun recours") in Art. 106 (4) EPÜ 1973 beziehe sich eindeutig auf eine Beschwerde, die von einem Verfahrensbeteiligten ganz unabhängig davon eingelegt werde, ob bereits von anderen Verfahrensbeteiligten Beschwerde eingelegt worden sei.
In T 753/92 war der Beschwerdegegner I durch die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung nur insoweit beschwert, als die von ihm beantragte Kostenverteilung abgelehnt worden war. Wenn er gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt hätte, wäre diese allein auf die Verteilung der Kosten gerichtet und daher nach Art. 106 (4) EPÜ 1973 unzulässig gewesen. Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner I den Antrag auf Kostenverteilung nur in seiner Eigenschaft als nach Art. 107 EPÜ von Rechts wegen am Beschwerdeverfahren Beteiligter stellte, konnte einen solchen Antrag nicht zulässig machen, ohne dass gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen wird.
In T 668/99 stellte die Kammer fest, die Kostenentscheidung der Einspruchsabteilung sei mangels hiergegen gerichteter Beschwerde mit Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft erwachsen (s. auch T 161/17). Weder werde die Kostenentscheidung in dem mit der Beschwerde gestellten Antrag erwähnt, noch könne von einer impliziten Anfechtung der Kostenentscheidung ausgegangen werden. Denn anders als bei den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen, die nach einhelliger Überzeugung jederzeit auch im Beschwerdeverfahren zu überprüfen sind, bedeute der Erlass einer Kostenentscheidung von Amts wegen nicht notwendigerweise, dass eine Entscheidung auch von Amts wegen zu überprüfen ist. Denn zur Überprüfung einer Entscheidung in der höheren Instanz bedarf es der Beschwerde eines Verfahrensbeteiligten.
In T 420/03 wurde die Frage aufgeworfen, ob die "Zusatzentscheidung" zur Kostenverteilung von der Beschwerde erfasst wurde. Während in der Beschwerdeschrift auf die Kostenentscheidung überhaupt nicht eingegangen wurde, wurde in der Beschwerdebegründung ihre Aufhebung beantragt. Die Kammer stellte vorliegend fest, dass die Beschwerdeschrift keinerlei ausdrückliche Erklärung zur Kostenverteilung enthielt und dass es darin auch keine anderweitige Erklärung gab, die – zumindest mittelbar – dahin gehend ausgelegt werden konnte, dass auch die Kostenverteilung Gegenstand der Beschwerde war.
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”