5.11.4 Einseitiges Beschwerdeverfahren
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern liegt die Zulassung von Änderungen nach R. 137 (3) EPÜ im Ermessen der Prüfungsabteilung. Wie die Prüfungsabteilung ihr Ermessen bei der Zulassung von Änderungen ausübt, muss sich gemäß G 7/93 (ABl. 1994, 775) nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls und danach richten, in welchem Stadium des Erteilungsverfahrens sich die Anmeldung befindet. Eine Beschwerdekammer sollte sich nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder aber in willkürlicher Weise ausgeübt hat. Bei der Ausübung dieses Ermessens muss sie insbesondere zwischen dem Interesse des Anmelders an der Erlangung eines angemessenen Schutzes für seine Erfindung und dem Interesse des EPA, die Prüfung effizient und zügig zum Abschluss zu bringen, abwägen. Außerdem ist die Ausübung des Ermessens zu begründen, da sie sonst willkürlich wäre (T 246/08).
In T 820/14 wies die Kammer darauf hin, dass sie über ein eigenes Ermessen verfügt, einen im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassenen Antrag im Beschwerdeverfahren zuzulassen, das im Grundsatz unabhängig davon ist, wie die erste Instanz ihr Ermessen ausgeübt hat, s. dazu auch T 971/11.
In T 1888/18 war für die Kammer nicht erkennbar, dass die Prüfungsabteilung (die das Kriterium der Prima-facie-Gewährbarkeit angewendet hatte) das ihr eingeräumte Ermessen überschritten hätte. Dennoch musste sie selbst in dieser Situation ihr Ermessen nach Art. 12 (4) VOBK 2007 unabhängig (s. T 971/11. T 2219/10 und T 1816/11) und unter angemessener Berücksichtigung des zusätzlichen Vorbringens des Beschwerdeführers und etwaiger veränderter Umstände ausüben.