4. Bestimmung der Offenbarung des einschlägigen Stands der Technik
Zum Inhalt der Lehre einer Entgegenhaltung gehört nicht nur das, was in den Ausführungsbeispielen detailliert angegeben ist, sondern jede für den Fachmann ausführbare Information aus dem Anspruchs- und Beschreibungsteil (vgl. T 12/81, ABl. 1982, 296; s. auch T 562/90). Die Offenbarung eines Dokuments darf nicht allein anhand der Beispiele ermittelt werden; es ist vielmehr das gesamte Dokument heranzuziehen (T 424/86, s. auch T 373/95). Es ist nicht zulässig, ein konkretes Beispiel aus dem Zusammenhang zu reißen (T 68/93). In T 12/90 entschied die Kammer, dass die Offenbarung einer Vorveröffentlichung, die für einen Anspruch neuheitsschädlich sein könnte, nicht auf die spezifischen Ausführungsbeispiele beschränkt sein muss, sondern jede in dem Dokument beschriebene, wiederholbare technische Lehre mit umfasst (s. auch T 247/91 und T 658/91).
In T 290/86 (ABl. 1992, 414) entschied die Kammer, dass sich das, was durch konkrete, in einem Dokument enthaltene detaillierte Beispiele "der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" wird, nicht unbedingt auf die genauen Details dieser Beispiele beschränkt, sondern in jedem Einzelfall von der einem fachkundigen Leser "zugänglich gemachten" technischen Lehre abhängt. Die Änderung eines Anspruchs durch Aufnahme eines Disclaimers für solche konkreten detaillierten Beispiele braucht dem Anspruch keine Neuheit zu verleihen.
In T 666/89 (ABl. 1993, 495) stellte die Kammer fest, dass es bei der Entscheidung über die Frage der Neuheit erforderlich ist, den gesamten Inhalt einer Entgegenhaltung zu prüfen. Bei Anwendung dieses Grundsatzes darf sich die Prüfung daher nicht auf einen Vergleich des beanspruchten Gegenstands mit den Beispielen einer Entgegenhaltung beschränken, sondern muss sich auf die Gesamtinformation der Entgegenhaltung erstrecken.
In T 1049/99 führte die Kammer aus, dass im Falle einer zur allgemeinen Einsichtnahme offenen "schriftlichen Beschreibung" der gesamte Informationsgehalt dieser Beschreibung zugänglich gemacht werde. Darüber hinaus könnten beispielsweise durch eine in der schriftlichen Beschreibung enthaltene Lehre über die Durchführung eines Verfahrens weitere Informationen als zwangsläufiges Ergebnis der Ausführung dieser Lehre ebenfalls zugänglich gemacht werden (vgl. z. B. T 12/81, ABl. 1982, 296; T 124/87, ABl. 1989, 491; T 303/86).