2.6. Beschwerdebegründung
In zahlreichen Entscheidungen wurde eine Begründung, die pauschal auf ein in der ersten Instanz vorgelegtes Vorbringen verwies, prinzipiell als nicht ausreichend im Sinne von Art. 108 Satz 3 EPÜ angesehen (vgl. T 254/88; T 432/88; T 534/89; T 90/90; T 154/90, ABl. 1993, 505; T 287/90; T 188/92; T 646/92; T 473/09; T 47/12; T 450/13, T 16/14, T 2411/16).
In T 1311/13 erklärte die Kammer, dass ein bloßer Verweis auf früheres Vorbingen eines Beteiligten und/oder die wörtliche Wiederholung der in diesem Vorbringen enthaltenen Argumente ("Cut-and-paste-Begründung"), einschließlich des Vorbringens oder der Argumente aus der mündlichen Einspruchsverhandlung, ohne sich wirklich mit den von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründen zu befassen oder auf diese zu einzugehen, als Beschwerdebegründung nicht ausreicht.
In T 432/88 wurde in der eingereichten Beschwerde nur allgemein auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im vorangehenden Einspruchsverfahren verwiesen; damit lief die Beschwerde auf die bloße Behauptung hinaus, dass die angefochtene Entscheidung nicht richtig sei, ohne die rechtlichen oder tatsächlichen Gründe zu nennen, aus denen die Entscheidung aufgehoben werden sollte. Damit hatte es der Beschwerdeführer ganz der Kammer und dem Beschwerdegegner überlassen, Mutmaßungen darüber anzustellen, inwiefern der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung als fehlerhaft ansehen könnte. Dieser Entscheidung wurde in T 534/89 gefolgt, in der die Kammer darauf hinwies, dass es dem Beschwerdegegner andernfalls unmöglich wäre, sein Vorbringen vorzubereiten, und die Kammer an einer effizienten Führung des Beschwerdeverfahrens gehindert wäre.
Der Verweis auf das eigene Vorbringen in der ersten Instanz kann die explizite Angabe der rechtlichen und tatsächlichen Gründe für die Beschwerde in der Regel nicht ersetzen. Die Rechtsprechung hat solche Beschwerdebegründungen auch nur in Ausnahmefällen zugelassen. In der Regel lässt ein Verweis auf früheres Vorbringen, selbst in Zusammenschau mit der angegriffenen Entscheidung, nicht unmittelbar erkennen, welche der tragenden Gründe der Entscheidung fehlerhaft sein sollen und aufgrund welcher Überlegungen dies der Fall sein soll. Die Kammer und die Gegenpartei sind dann ohne eigene Ermittlungen nicht in der Lage, die Beschwerde auf ihre Begründetheit hin zu prüfen (T 349/00). S. auch T 165/00. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben werden sollte. Es genügt nicht, unter Hinweis auf die unterschiedliche Auffassung zur Vorinstanz lediglich eine erneute Überprüfung des vorinstanzlich negativ bewerteten Patentierungskriteriums zu begehren (vgl. T 220/83, ABl. 1986, 249; T 213/85, ABl. 1987, 482; T 145/88, ABl. 1991, 251; T 1462/08; T 2077/11).
In T 2556/16 führte die Kammer aus, dass der Verweis auf das eigene Vorbringen in der ersten Instanz die explizite Angabe der rechtlichen und tatsächlichen Gründe für die Beschwerde in der Regel nicht ersetzen kann (s. T 2012/16). Dies gilt umso mehr, wenn einer der entscheidenden Gründe für die Zurückweisung des Einspruchs in der ersten Instanz das Fehlen von Nachweisen für ein behauptetes allgemeines Fachwissen war. Die Beschwerde war unzulässig.
Einige wenige Entscheidungen erkannten die pauschale Verweisung auf ein Vorbringen in der ersten Instanz als mögliche Begründung für eine zulässige Beschwerde an (T 355/86, T 140/88, T 725/89, T 869/91, T 216/10), wobei es sich allerdings um spezielle Fälle handelte, in denen sich das Vorbringen in der Vorinstanz bereits in ausreichendem Maß mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzte.