9. Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
In der grundlegenden Entscheidung T 36/82 (ABl. 1983, 269) wurde ausgeführt, dass Bemühungen zur gleichzeitigen Optimierung von zwei Parametern einer bestimmten Vorrichtung durch die Lösung von zwei an sich bekannten Gleichungen, in denen je einer dieser Parameter als Funktion bestimmter Größen der Vorrichtung ausgedrückt ist, nicht als erfinderische Tätigkeit gelten. Dass ein Bereich gefunden werden kann, innerhalb dessen die Werte für die betreffenden Größen einen annehmbaren Kompromiss zwischen den beiden Parametern darstellen, kann nicht als überraschend angesehen werden, wenn im Stand der Technik Hinweise dafür bestehen, dass durch die angewandte Berechnungsmethode günstige Ergebnisse erzielt werden könnten.
In einer Reihe von weiteren Entscheidungen ist mit Hinweis auf T 36/82 (ABl. 1983, 269) die erfinderische Tätigkeit verneint worden, insbesondere wenn es darum ging, einen geeigneten Kompromiss zwischen verschiedenen Parametern zu finden (T 263/86, T 38/87, T 54/87, T 655/93, T 118/94, T 1861/17). In T 410/87 wurde ausgeführt, dass es zu den für einen Fachmann als normal anzusehenden Tätigkeiten gehöre, eine physikalische Größe derart zu optimieren, dass ein für den Verwendungszweck annehmbarer Kompromiss zwischen zwei gegenläufig von dieser Größe abhängigen Wirkungen erzielt wird (s. auch T 409/90, ABl. 1993, 40; T 660/91; T 218/96; T 395/96; T 660/00, T 1861/17).
In T 73/85 führte die Kammer aus, gerade der Umstand, dass die aufgabengemäß angestrebte Verbesserung der Eigenschaft nicht – wie allgemein üblich – durch gezielten Wandel von Strukturparametern, sondern durch Änderung von Verfahrensparametern gelungen sei, müsse in der Tat als überraschend bezeichnet werden. Dabei komme es nicht darauf an, dass die im Streitpatent beanspruchten einzelnen Reaktionsbedingungen an sich bekannt seien. Entscheidend sei vielmehr, ob der Fachmann in Erwartung der aufgabengemäß angestrebten Optimierung die hier beanspruchte Kombination an sich bekannter Maßnahmen vorgeschlagen oder – mangels möglicher Voraussagen – vorrangig versucht hätte.
In T 500/89 stellte die Beschwerdekammer fest, dass aus dem Umstand, dass einzelne Parameterbereiche für sich genommen bekannt waren, sich nicht ergebe, dass es nahegelegen habe, diese gezielt zur Lösung der gemäß Streitpatent bestehenden Aufgabe zu kombinieren. Die Kombination der einzelnen Parameterbereiche sei nicht das Ergebnis lediglich routinemäßiger Optimierung des Verfahrens aus der D1, da D1 keinerlei Anregung zu dieser Kombination biete.