5.4. Nachreichen von fehlenden Teilen der Beschreibung oder fehlenden Zeichnungen (Regel 56 EPÜ)
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Nach J 27/10 ist für die Entscheidung, ob ein Teil der Beschreibung fehlt, die Formulierung "Teile der Beschreibung […] offensichtlich fehlen" in R. 56 (1) Satz 1 EPÜ genauso auszulegen wie "fehlende Teile der Beschreibung" in den weiteren Absätzen der R. 56 EPÜ. Der Begriff "Beschreibung" in "fehlende Teile der Beschreibung" in R. 56 EPÜ bezieht sich auf die ursprünglich für die Zuerkennung eines Anmeldetags eingereichte Beschreibung, und nicht auf eine andere Beschreibung. Die unvollständige, ursprünglich eingereichte Beschreibung ist um die fehlenden Teile zu ergänzen, die dem bereits eingereichten Wortlaut der Beschreibung hinzuzufügen sind. Eine Auslegung der R. 56 EPÜ dahin gehend, dass die ursprünglich für die Zuerkennung eines Anmeldetags eingereichte Beschreibung ganz oder teilweise geändert, ersetzt oder gestrichen werden könnte, ist somit falsch (so auch T 1963/17 und J 16/13).
In J 15/12 stellte die Juristische Beschwerdekammer mit Bezug auf J 27/10 klar, dass R. 56 EPÜ auch nicht die Ersetzung von Zeichnungen vorsieht. R. 56 (1) Satz 1 EPÜ betrifft offensichtlich fehlende Zeichnungen, auf die in der Beschreibung oder in den Patentansprüchen Bezug genommen wird. In J 12/14 befand die Juristische Beschwerdekammer, dass R. 56 EPÜ keine Abhilfe bietet, wenn die Reproduktion der Abbildungen in den Zeichnungen von schlechter visueller Qualität ist.
In J 2/12 befand die Juristische Beschwerdekammer, dass in einem Fall, in dem a) die ursprünglich mit der Anmeldung eingereichte Beschreibung Bezugnahmen auf nummerierte Zeichnungen umfasst und b) mit der Anmeldung auch entsprechend nummerierte Zeichnungen eingereicht wurden, trotzdem später nach R. 56 EPÜ andere Zeichnungen als "fehlende Zeichnungen" eingereicht werden können, wenn ohne Anwendung technischer Fachkenntnisse nachgewiesen werden kann, dass nicht die ursprünglich mit der Anmeldung eingereichten Zeichnungen diejenigen sind, auf die in der Beschreibung Bezug genommen wird, sondern die nachgereichten Zeichnungen. Im der Kammer vorliegenden Fall war eindeutig ersichtlich, dass die Zeichnungen, auf die in der Beschreibung Bezug genommen wurde, nicht diejenigen waren, die ursprünglich eingereicht wurden. In anderen Fällen kann diese Feststellung möglicherweise nicht so einfach getroffen werden, aber da die Sachlage im vorliegenden Fall so eindeutig war, musste die Juristische Beschwerdekammer nicht darüber befinden, wo die allgemeine Grenze zu ziehen wäre.