11.4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr bei Abhilfe
In T 647/93 (ABl. 1995, 132) wurde darauf hingewiesen, dass ein die Rückzahlung rechtfertigender Verfahrensmangel grundsätzlich immer dann vorliegt, wenn die Prüfungsabteilung von der Möglichkeit einer Abhilfe keinen Gebrauch macht, nachdem sie in der Beschwerdebegründung auf einen von ihr begangenen Fehler hingewiesen worden ist (s. auch T 808/94, T 898/96, T 861/03, T 1113/06, T 971/06, J 7/07; s. auch T 685/98, ABl. 1999, 346).
In T 183/95 stellte die Kammer Folgendes fest: dem Antrag des Beschwerdeführers auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach R. 67, erster Halbsatz, EPÜ 1973 könnte nicht stattgegeben werden, weil die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung nicht berichtigt hat. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr jedoch nach R. 67, zweiter Halbsatz, EPÜ 1973 kann angeordnet werden, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung nach Ansicht der Kammer wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. In T 2528/12 ordnete die Kammer ebenfalls keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr an, da die Unterlassung der gebotenen Abhilfe nicht als wesentlicher Verfahrensfehler anzusehen sei. Für den Beschwerdeführer sei mit der dadurch verlängerten Dauer des Erteilungsverfahrens keine Beschwer im rechtlichen Sinne entstanden.
Im Fall T 794/95 hielt die Kammer die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht für billig, da das Prüfungsverfahren bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung völlig untadelig abgelaufen war und der Beschwerdeführer einzig und allein wegen des sachlichen Inhalts der Entscheidung und nicht wegen irgendwelcher bis dahin unterlaufener Verfahrensfehler oder der späteren falschen Reaktion der Prüfungsabteilung auf die Beschwerde (d. h. wegen der verweigerten Abhilfe) Beschwerde einlegen musste.
In T 685/98 (ABl. 1999, 346) wies die Kammer auf Folgendes hin: Sei mit einer Zurückweisung gemäß Art. 97 (1) EPÜ 1973 oder im vorausgegangenen Prüfungsverfahren offensichtlich gegen ein grundlegendes Verfahrensrecht verstoßen worden, so liege ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn die Prüfungsabteilung der entsprechenden Beschwerde nicht abhelfe (im Anschluss an T 647/93, ABl. 1995, 132; s. auch T 1765/13), weil ein solches Recht unabhängig von der sachlichen Beurteilung des Falls gewahrt werden müsse.
In T 898/96 stellte die Kammer fest, dass die Prüfungsabteilung der Beschwerde gegen ihre auf Art. 113 (2) EPÜ 1973 gestützte Entscheidung auf Zurückweisung der Anmeldung hätte abhelfen müssen. Ihr diesbezügliches Versäumnis stellte einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr entsprach nach Ansicht der Kammer allerdings nicht der Billigkeit, weil der Anmelder der Fassung eben erst nach Einreichung der Beschwerde zustimmte.
In T 704/05 war die Kammer der Auffassung, dass die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung gemäß Art. 109 (1) EPÜ 1973 im Wege der Abhilfe hätte aufheben können. Da die Prüfungsabteilung jedoch ausdrücklich daran gehindert ist, ihre Gründe für die Versagung der Abhilfe zu nennen, stehe es der Kammer nicht zu, diese Entscheidung zu kritisieren. Die nach Art. 109 (1) EPÜ 1973 zwingend vorgeschriebene, aber notwendigerweise stillschweigende Beurteilung der Frage, ob die Gründe für eine negative Entscheidung durch eine Beschwerde ausgeräumt werden, ist keine Ermessensentscheidung und lässt somit keinen Raum für eine Prüfung der Frage, ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Zwar war sich die Kammer dessen bewusst, dass diese Frage von den Beschwerdekammern in mehreren Entscheidungen anders beurteilt worden war – was in einigen Fällen so weit ging, dass die Nichtgewährung der Abhilfe als wesentlicher Verfahrensmangel gewertet wurde –, doch deutete sie vorsichtig an, dass diese Entscheidungen den Folgen, die sich aus dem der Prüfungsabteilung durch Art. 109 (2) EPÜ 1973 auferlegten Stillschweigen ergeben, möglicherweise nicht gebührend Rechnung getragen hatten.
In T 1982/07 stellte die Kammer fest, dass es für den Grundsatz eines fairen Verfahrens grundlegend ist, dass dem Anmelder, der im Rahmen der Prüfung mit neuen Dokumenten aus dem Stand der Technik konfrontiert wird, nicht nur das Recht gegeben wird, sich dazu zu äußern, sondern auch, mit einer Änderung der Ansprüche zu reagieren, um die Entgegenhaltungen zu entkräften. Die Prüfungsabteilung habe ihr Ermessen nach R. 86 (3) EPÜ 1973 (jetzt R. 137 (3) EPÜ) fehlerhaft ausgeübt, da dem Anmelder nicht Gelegenheit gegeben worden war, angemessen zu reagieren, sondern ihm vielmehr die Hände in einer Weise gebunden worden waren, die weder im Sinne der Verfahrenseffizienz geboten noch in Anbetracht der Dokumente aus dem Stand der Technik gerechtfertigt war. Die Prüfungsabteilung habe ihr Ermessen ungebührend restriktiv ausgeübt und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler begangen. Die Prüfungsabteilung hätte ihre Entscheidung gemäß Art. 109 (1) EPÜ revidieren müssen, was nicht geschehen war. Die Kammer ordnete daher die Zurückverweisung an eine bislang nicht mit dem Fall befasste Prüfungsabteilung an.