1.2. Anwendung der Auslegungsregeln
Wie nationale und internationale Gerichte wendet auch die Große Beschwerdekammer das Verfahren der teleologischen Auslegung zur Auslegung von Rechtsvorschriften im Lichte ihres Zwecks, der zugrunde liegenden Werte sowie ihrer rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ziele an. Dabei untersucht sie den objektiven Sinn und Zweck der Vorschriften (z. B. G 1/88, Nr. 5 der Gründe; G 1/03, Nr. 2.1.1 der Gründe). Ausgangspunkt ist dabei die Ermittlung des Grundgedankens der betreffenden Vorschrift (ratio legis), weil die Auslegung nicht dem Geist der Vorschrift entgegenstehen darf (G 6/91, Nr. 8 der Gründe). G 1/18 übernimmt unter Nummer IV.3 der Gründe wortwörtlich diesen Absatz aus Nummer VII.3 der Gründe von G 2/12. Das diesbezügliche Zwischenergebnis von G 1/18 lautet, dass die teleologische Auslegung, d. h. die Ermittlung der Bedeutung nach dem Zweck des Art. 108 EPÜ Sätze 1 und 2 EPÜ, zu denselben Zwischenergebnissen wie die wörtliche und die systematische Auslegung gelangt.
In T 844/18 musste sich die Kammer, da die gewöhnliche Bedeutung des Begriffs "any person" in Art. 87 (1) EPÜ unklar war, mit Ziel und Zweck der Pariser Verbandsübereinkunft sowie mit politischen Erwägungen im weiteren Sinne befassen, um den Begriff "any person" auszulegen. Dies entsprach auch Art. 31 (1) und 33 (4) des Wiener Übereinkommens (s. Nrn. 30 und 45 der Gründe).