2.1. Form der Ansprüche (Regel 43 (1) EPÜ)
Welche Merkmale als bekannt in den Oberbegriff aufzunehmen sind, ist nach der objektiven Sachlage zu entscheiden (T 6/81, ABl. 1982, 183).
Nach Ansicht der Kammer in T 13/84 (ABl. 1986, 253) kann es nicht als allgemeine Regel gelten, dass sich der für den Oberbegriff des Anspruchs herangezogene Stand der Technik mit derselben Aufgabe wie die Erfindung befassen sollte (ebenso T 287/02). In der Regel ist die Vorrichtung oder das Verfahren, das den der Erfindung nächstliegenden Stand der Technik bildet, im Oberbegriff des Anspruchs anzugeben, wobei die Merkmale zu bezeichnen sind, die zur Festlegung des beanspruchten Gegenstands notwendig sind, jedoch in Verbindung miteinander zu diesem Stand der Technik gehören (s. auch T 897/90). An keiner Stelle in der R. 29 EPÜ 1973 (ebenso wenig in R. 43 EPÜ) ist davon die Rede, dass es wünschenswert oder gar notwendig ist, im kennzeichnenden Teil des Anspruchs die erfinderische Tätigkeit angemessen darzulegen. Es ist der Gegenstand des Anspruchs als Ganzes, der die Erfindung und die ihr zugrunde liegende erfinderische Tätigkeit darstellt. S. auch T 886/91, T 157/93.
In T 850/90 wurde bestätigt, dass bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit auch die im Oberbegriff enthaltenen Merkmale zu berücksichtigen sind, da die Ansprüche in ihrer Gesamtheit die Erfindung definieren. Auch nach Auffassung der Kammer in T 980/95 enthält R. 29 (1) a) EPÜ 1973 kein ausdrückliches Erfordernis, wonach ein Anspruch in zweiteiliger Form auf der Grundlage des "nächstliegenden" Stands der Technik formuliert werden muss, da diese Regel keinen Hinweis darauf enthält, dass es notwendig oder wünschenswert ist, im kennzeichnenden Teil des Anspruchs die erfinderische Tätigkeit zu definieren. Die Heranziehung eines bestimmten Stands der Technik, der sich später als nicht "nächstliegender" Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit erwies, als Grundlage für die zweiteilige Form war an sich kein Verstoß gegen R. 29 (1) a) EPÜ 1973. Wenn sich in späteren Verfahren herausstellt, dass ein bestimmter Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht der "nächstliegende" Stand der Technik ist, so führt diese Tatsache als solche nicht zu einer auf diesem Stand basierenden zweiteiligen Form, die gegen R. 29 (1) a) EPÜ 1973 verstoßen würde.
In T 688/91 (dargestellt in diesem Kapitel II.A.3.3.) war die Kammer der Auffassung, dass ein Verstoß gegen R. 29 und Art. 84 EPÜ 1973 vorliegt, wenn eine unrichtige Abgrenzung zwischen Oberbegriff und Kennzeichnungsteil stattgefunden hat (ebenso T 181/95).