C. Ausreichende Offenbarung
Nach Art. 83 EPÜ ist die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der diesem Artikel entsprechende Einspruchsgrund ist Art. 100 b) EPÜ.
Der Gegenstand der Anmeldung muss (s. dieses Kapitel II.C.2.) am Anmeldetag (II.C.3.1.) anhand der Anmeldung als Ganzes (II.C.5.3.) einschließlich der Beispiele und (II.C.4.) unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens ausreichend offenbart sein. Es muss mindestens ein Weg offenbart werden, auf dem der Fachmann die Erfindung ausführen kann (II.C.5.2.), der jedoch nur dann ausreichend ist, wenn sich die Erfindung damit im gesamten beanspruchten Bereich ausführen lässt (II.C.5.4.). Parameter müssen hinreichend definiert sein (II.C.5.5.). Die Offenbarung muss außerdem ohne unzumutbaren Aufwand nacharbeitbar sein (II.C.6.); unter bestimmten Umständen sind auch nachträglich veröffentlichte Dokumenten als Nachweis hierfür zulässig (II.C.6.8.).
Wichtig ist, zwischen den Anforderungen an eine ausreichende Offenbarung nach Art. 83 EPÜ und den Anforderungen an die Klarheit der Ansprüche nach Art. 84 EPÜ zu unterscheiden (II.C.8.), da eine Prüfung der Erfordernisse nach Art. 83 EPÜ auch noch im Rahmen des Einspruchsverfahrens erfolgen kann, während sie bezüglich Art. 84 EPÜ auf Fälle beschränkt ist, in denen Änderungen eingereicht wurden (s. auch G 3/14 in Kapitel II.A.1.4.).
Die Beweislast dafür, dass eine Erfindung unzureichend offenbart ist, trägt im Allgemeinen der Einsprechende (II.C.9.).
Das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung auf dem Gebiet der Biotechnologie wird unter Kapitel II.C.7. behandelt, wobei auch auf die Frage breiter Ansprüche eingegangen wird (II.C.7.1.4).
Mehrere Entscheidungen befassen sich mit dem durch das Patent verliehenen Monopol, seiner Verzahnung mit dem Begriff des technischen Beitrags und den Auswirkungen auf die Beurteilung der ausreichenden Offenbarung; s. entsprechende Hinweise in den nachfolgenden Abschnitten, z. B. auf T 409/91 (ABl. 1994, 653), T 435/91 (ABl. 1995, 188), T 1164/11, T 1845/14, T 2015/20, T 797/14, T 2119/14; vgl. auch T 416/14 (zum Vorbringen des Patentinhabers hinsichtlich fehlender potenzieller Auswirkungen auf Wettbewerber). Die Anwendungsbereiche von Art. 56 EPÜ bzw. Art. 83 EPÜ werden beispielsweise in der neueren Entscheidung T 409/17 unter Verweis auf G 1/03 und T 1845/14 behandelt; s. auch die folgenden Fälle zur selben Fragestellung: T 380/05, T 1311/15, T 1079/08, T 862/11, T 2001/12, T 898/05, T 967/09, T 116/18 (ABl. 2022, A76).