6. Ausführbarkeit
Overview
- T 553/23
Zusammenfassung
Ex parte Fall T 553/23 betraf die Lokalisierung von Objekten in einem Laderaum eines Transportfahrzeugs mittels einer optischen Positionserkennung. Die Anmeldung wurde von der Prüfungsabteilung im Wesentlichen zurückgewiesen, weil keiner der Anträge die Erfordernisse der Ausführbarkeit erfüllte.
Bezüglich der Prüfung des Hauptantrags (nicht gewährbar), erinnerte die Kammer zunächst daran, dass Art. 83 EPÜ nicht erfüllt sei, wenn eine im Anspruch ausgedrückte Wirkung nicht reproduziert werden könne. Die Prüfungsabteilung habe die Ausführbarkeit der beanspruchten Lehre auf Grund der Problematik eines verdeckten Sichtfelds für die optische Positionsbestimmung zurecht in Frage gestellt. Denn um ein stetes Nachverfolgen der Position eines Objekts im Laderaum zu gewährleisten, musste dieses jederzeit optisch erkennbar sein. Dies trifft vor allem dann bei einer mehrlagigen Beladung nicht zu. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass Anspruch 1 auch den speziellen Fall umfasse, dass genau ein Objekt transportiert wird. Dabei könne die Problematik eines verdeckten Sichtfelds gar nicht auftreten und damit sei die Lehre auf jeden Fall ausführbar. Die Kammer stimmte dem zwar zu, jedoch muss die beanspruchte Lehre in ihrer ganzen Breite ausführbar sein, also auch für den eigentlichen Anwendungsfall der Erfindung, bei dem eine Mehrzahl von Objekten nebeneinander und in mehreren Lagen transportiert werden.
Was den Fall einer mehrlagigen Anordnung von Objekten betrifft, stimmte die Kammer der angefochtenen Entscheidung zu, dass nicht alle Objekte sicher optisch lokalisiert werden können. Dies gilt unabhängig von der räumlichen Anordnung einer Kamera (oder eines Laserscanners) im Laderaum. Damit wird der angestrebte Zweck mit den beanspruchten Mitteln nicht sicher erreicht. Daran können auch Versuche des Fachmanns nichts ändern. Das Argument der angeblich üblichen Messunsicherheit wurde zurückgewiesen. Auch eine Zeugeneinvernahme des Erfinders könne daran nichts ändern, da diese die Offenbarung nicht ersetze.
Im Hilfsantrag (gewährbar) ging es um nebeneinander angeordnete Objekte, nicht mehr um nur ein transportiertes Objekt oder um den problematischen mehrlagigen Fall. Es wurde spezifiziert, dass die Positionsbestimmungsvorrichtung an der Decke des Laderaums angebracht war. Keine eindeutige Aussage konnte darüber getroffen werden, ob ein großes Objekt das Sichtfeld auf ein kleines Objekt verdeckt. In Anspruch 1 fehlten nähere Informationen zur räumlichen Anordnung der Kamera, die eine Ausführbarkeit der Erfindung für alle möglichen unterschiedliche Größen von Objekten gewährleistete. Es könne (anders als beim mehrlagigen Fall mit übereinandergestapelten Objekten) nicht pauschal angenommen werden, dass die beanspruchte Lehre nicht ausführbar sei. Jedoch muss der Fachmann zumindest Versuche durchführen, wozu ihm die Anmeldungsunterlagen abgesehen von dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 keine Hilfestellung boten.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist nicht erforderlich, dass eine Reproduktion in jeder denkbaren theoretischen Konstellation gelingt. "In einem Anspruch wird allgemein versucht, eine Vorrichtung unter Idealbedingungen zu definieren. Kann sich der Fachmann unter Berücksichtigung der Offenbarung und des allgemeinen Fachwissens erschließen, was funktioniert und was nicht, ist eine beanspruchte Erfindung hinreichend offenbart, auch wenn eine breite Auslegung einen Gegenstand einschließen könnte, der nicht funktioniert. Im vorliegenden Fall ist der Fachmann in der Lage, Situationen direkt zu erkennen und auszuschließen, die offenkundig die angestrebte Wirkung nicht erzielen (etwa aufgrund einer verdeckten Sicht) und darauf durch eine angepasste Positionsbestimmungsvorrichtung zu reagieren. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass der Fachmann im Rahmen seines allgemeinen Fachwissens das funktionale Merkmal einer optischen Positionsbestimmungsvorrichtung den Größenverhältnissen der zu transportierenden Objekte anpassen würde", so die Kammer in ihrem Orientierungssatz (s. auch Punkt 3.5 der Gründe). Der zweite Absatz des Orientierungssatzes betrifft die Ermittlung des nächstliegenden Stands der Technik für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit.