A. Eingangs- und Formalprüfung
Nach Art. 16 EPÜ ist die Eingangsstelle für die Eingangs- und Formalprüfung europäischer Patentanmeldungen zuständig. Diese Zuständigkeit behält sie so lange, bis die Prüfungsabteilung für die Prüfung der europäischen Patentanmeldung nach Art. 94 EPÜ zuständig wird (R. 10 EPÜ).
Die zeitliche Begrenzung der Zuständigkeit der Eingangsstelle war zuvor in Art. 16 EPÜ 1973 geregelt. Die Überführung in die Ausführungsordnung gewährleistet eine größere Flexibilität beim Übergang der Zuständigkeit innerhalb des EPA von einer Abteilung auf eine andere.
Anders als in Art. 16 EPÜ 1973 ist die Eingangsstelle auch nicht mehr auf die Zweigstelle Den Haag des EPA beschränkt. Die Änderungen in Art. 16 und 17 EPÜ, mit denen die Zuordnung der Recherchenabteilungen und der Eingangsstelle zur Zweigstelle Den Haag aufgehoben wurde, zeigen nach T 1012/03 deutlich, dass das EPÜ die Entscheidungsbefugnis des Präsidenten des EPA darüber, welche Verfahrensschritte in München und welche in Den Haag durchgeführt werden, nicht mehr einschränkt.
In G 1/02 (ABl. 2003, 165) stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass in Art. 90 EPÜ 1973 und Art. 91 EPÜ 1973 Geschäfte in Zusammenhang mit dem Eingang einer Anmeldung und ihrer Formalprüfung der Eingangsstelle zugewiesen werden, deren Entscheidungen zu einem Rechtsverlust führen können (s. Art. 91 (3) EPÜ 1973) und mit der Beschwerde anfechtbar sind (s. Art. 106 EPÜ 1973). Dabei setzt sich die Eingangsstelle ausschließlich aus Formalsachbearbeitern zusammen, die – genau wie die Formalsachbearbeiter der Einspruchsabteilungen – zwar über eine spezielle Ausbildung verfügen, aber nicht zur Laufbahngruppe der Bediensteten gehören, die ein technisches oder juristisches Hochschulstudium absolviert haben.
In J 18/84 (ABl. 1987, 215) grenzte die Juristische Beschwerdekammer die Zuständigkeiten von Eingangsstelle und Rechtsabteilung bezüglich der Erfindernennung voneinander ab. Die Prüfung einer erstmaligen, das Erfordernis nach Art. 81 EPÜ 1973 erfüllenden Erfindernennung obliegt ausschließlich der Eingangsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Formalprüfung nach Art. 16 und 91 EPÜ 1973. (Diese Zuständigkeiten sind nun in Art. 16 und 90 (3) EPÜ geregelt.) Die Zuständigkeit der Rechtsabteilung für streitige Berichtigungen kommt aber in Betracht, sobald das europäische Patentregister eröffnet wird, was nach Art. 127 Satz 2 EPÜ 1973 zeitlich mit der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung zusammenfällt.
In J 13/02 vertrat die Kammer die Auffassung, dass die nach Art. 6 REV der Revisionsakte bereits eingetretene Anwendbarkeit von Art. 16 EPÜ bis Art. 18 EPÜ in der Fassung des EPÜ 2000 nichts daran geändert hat, dass die Zuständigkeit der Eingangsstelle endet, sobald wirksam Prüfungsantrag gestellt wurde, und somit die Prüfungsabteilung zu prüfen hat, ob die Anmeldung den Erfordernissen des EPÜ 1973 genügt (Art. 94 (1) EPÜ 1973 i. V. m. Art. 96 (2) EPÜ 1973 und Art. 97 (1) und Art. 97 (2) EPÜ 1973).
S. dieses Kapitel IV.A.5.5.3 zur Zuständigkeit der Eingangsstelle bei Anträgen auf Berichtigung nach R. 139 EPÜ.