6.2. Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ
In R 17/09 hatte der Antragsteller einen Einwand nach Art. 112a (2) a) EPÜ und Art. 24 (3) EPÜ erhoben, weil er befürchtete, die Handlungen und Entscheidungen der Kammer könnten durch die Interessen multinationaler Konzerne beeinflusst sein, die mit seiner Patentanmeldung kollidierten. Als einziges Beweismittel für eine solche Einflussnahme führte er lediglich an, dass die Kammer ihn als "man in the street" (Mann auf der Straße) bezeichnet habe. Die Große Beschwerdekammer befand, dass dieser Begriff im Englischen nicht mit abwertenden Assoziationen verknüpft ist, sondern ganz allgemein zur Bezeichnung eines Durchschnittsbürgers verwendet wird. Den Vorwurf, die Kammermitglieder seien in ihrer Entscheidung gegenüber dem Antragsteller voreingenommen gewesen, erachtete sie für nicht fundiert.
In T 49/15 argumentiert der Beschwerdegegner 4, dass für die Beurteilung des Art. 112a (2) a) EPÜ auch die Ablehnungsgründe gemäß Art. 24 (3) EPÜ, und somit auch die Besorgnis der Befangenheit, relevant seien, denn die Große Beschwerdekammer habe diese schließlich in ihrer Entscheidung in R 17/09 herangezogen. Die Kammer erklärte, die Beschwerdegegner 4 habe übersehen, dass die Große Beschwerdekammer in diesem Fall entschieden hat, dem Antrag auf Überprüfung auf der Grundlage des Art. 112a (2) a) EPÜ als offensichtlich unbegründet nicht stattzugeben. Dass sie dabei gewählt hat, sich inhaltlich mit der Begründetheit der Ablehnung gemäß Art. 24 (3) EPÜ auseinanderzusetzen, bedeutet nicht, dass die Referenz in Art. 112a (2) a) EPÜ auf Art. 24 (1) EPÜ auch als eine auf Art. 24 (3) EPÜ ausgelegt werden kann.
In der in R 3/16 angefochtenen Entscheidung hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass sobald ein Einwand nach Art. 24 (3) EPÜ erhoben wurde, das abgelehnte Mitglied nicht mehr in irgendeiner Weise an der Entscheidung mitwirken könne, sei es in Bezug auf die Zulässigkeit oder die Begründetheit des Einwands. Wie die Große Beschwerdekammer feststellte, sieht Art. 112a (2) a) EPÜ die Situation vor, dass ein Mitglied der Kammer trotz einer Ausschlussentscheidung nach Art. 24 (4) EPÜ oder unter Verstoß gegen Art. 24 (1) EPÜ an einer Entscheidung mitgewirkt hat. Beides traf im vorliegenden Fall nicht zu, denn die Mitglieder waren weder ausgeschlossen worden noch wurde ein persönliches Interesse behauptet. Daher gelangte die Große Beschwerdekammer durch bloße Anwendung der in ihrer ständigen Rechtsprechung zu Art. 112a EPÜ entwickelten Grundsätze zu folgendem Schluss: wenn die angebliche Rechtswidrigkeit der Zusammensetzung nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder die Nichtbeachtung eines Antrags zurückgeht, liegt dieser Grund (Ablehnung nach Art. 24 (3) EPÜ) offenbar außerhalb des Umfangs, worauf eine Überprüfung gestützt werden kann, zumal er in Art. 112a EPÜ nicht aufgelistet ist.