3. Patentierbarkeit biologischer Erfindungen
In T 19/90 (ABl. 1990, 476) bestätigte die Kammer den allgemeinen Grundsatz, dass die Ausnahme von der Patentierbarkeit nach Art. 53 b) EPÜ 1973 für bestimmte Gruppen von Tieren, jedoch nicht für Tiere an sich gilt. Bei der Auslegung des Begriffs "Tierarten" betonte die Beschwerdekammer, dass die Bestimmungen des Art. 53 b) EPÜ 1973 eng ausgelegt werden müssen. Die Kammer sah in dieser Bestimmung kein Patentierungshindernis für einen Gegenstand, der nicht unter die Begriffe "Tierarten", "animal varieties" oder "races animales" fällt.
Bezüglich der Patentierbarkeit von Tieren wurde in T 315/03 (ABl. 2006, 15) befunden, dass im Falle einer Beurteilung nach Art. 53 b) EPÜ 1973 auch bei Tieren dem in G 1/98 (ABl. 2000, 111) aufgestellten Grundsatz für Pflanzen und "Pflanzensorten" gefolgt werden soll. Dies bedeutet, dass ein Patent nicht für eine einzige Tierart (oder -varietät oder -rasse, je nach Sprachfassung des EPÜ 1973) erteilt werden kann, aber sehr wohl erteilt werden kann, wenn unter den Schutzbereich seiner Ansprüche Tierarten fallen könnten.
Das Patentierungsverbot des Art. 53 b) EPÜ 1973 Halbsatz 1 EPÜ 1973 erstreckt sich nicht auf die Erzeugnisse eines mikrobiologischen Verfahrens, die nach Art. 53 b) EPÜ 1973 Halbsatz 2 EPÜ 1973 patentiert werden dürfen. Demnach können für Tiere, die durch ein mikrobiologisches Verfahren erzeugt werden, Patente erteilt werden. Allerdings ist es insbesondere bei der Genmanipulation von Tieren, bei der ein aktiviertes Onkogen inseriert wird, aus zwingenden Gründen geboten, bei der Prüfung der Patentierbarkeit Art. 53 a) EPÜ zu berücksichtigen (T 19/90).
In T 315/03 konnte sich die Kammer der Behauptung einiger Einsprechenden/Beschwerdeführer nicht anschließen, wonach die transgenen Mäuse des Streitpatents eine neue Spezies darstellten, weil sie ein bestimmtes Merkmal erbten, nämlich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Tumoren zu entwickeln. Dies reiche nicht aus, um eine neue Spezies zu begründen, wenn das mögliche "Ausgangsmaterial" von einer ganzen Tiergattung stammen könnte, nämlich von allen Mäusen. Die Kammer befand, dass Art. 53 b) EPÜ 1973 die Patentierbarkeit der Ansprüche, die infolge der Änderung nur auf Mäuse gerichtet waren, nicht ausschloss, und erhielt das Patent auf dieser Grundlage aufrecht.