4. Berichtigung von Fehlern in der Beschreibung, den Ansprüchen oder den Zeichnungen – Regel 139 EPÜ
In G 3/89 (ABl. 1993, 117) und G 11/91 (ABl. 1993, 125) befand die Große Beschwerdekammer, dass eine Berichtigung nach R. 88 Satz 2 EPÜ 1973 (jetzt R. 139 Satz 2 EPÜ) einen besonderen Fall einer Änderung im Sinne von Art. 123 EPÜ darstellt und unter das Erweiterungsverbot von Art. 123 (2) EPÜ fällt.
Eine Berichtigung der die Offenbarung betreffenden Teile einer europäischen Patentanmeldung oder eines europäischen Patents (der Beschreibung, der Patentansprüche und der Zeichnungen) darf nur im Rahmen dessen erfolgen, was der Fachmann der Gesamtheit dieser Unterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens – objektiv und bezogen auf den Anmeldetag – unmittelbar und eindeutig entnehmen kann. Eine solche Berichtigung hat rein feststellenden Charakter und verstoße daher nicht gegen das Erweiterungsverbot nach Art. 123 (2) EPÜ 1973.
Die einschlägige Rechtsprechung vor G 3/89 und G 11/91 ist in diesen Entscheidungen unter "Sachverhalt und Anträge" sowie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 7. Aufl. 2013, II.E.4.1 zusammengefasst. Die Schlussfolgerungen in G 3/89 und G 11/91 sind in G 2/95 (ABl. 1996, 555, Nr. 2 der Gründe) zusammengefasst.
In T 1946/16 erinnerte die Kammer daran, dass eine Berichtigung nach R. 139 Satz 2 EPÜ einen besonderen Fall einer Änderung im Sinne von Art. 123 EPÜ darstellt und die beantragte Berichtigung den Erfordernissen des Art. 123 (3) EPÜ genügen muss. Auch in T 2058/18 stellte die Kammer fest, dass Art. 123 (2) EPÜ auf alle Änderungen der Patentanmeldung oder des Patents Anwendung findet; dazu gehören auch Berichtigungen der Beschreibung, der Ansprüche oder der Zeichnungen gemäß R. 139 Satz 2 EPÜ.