2.3. Zurückweisung nach einem einzigen Bescheid
In T 802/97 hielt die Kammer Folgendes fest: Wenn die Prüfungsabteilungen Art. 96 (2) EPÜ 1973 anwenden, um zu entscheiden, ob sie dem Anmelder eine weitere Gelegenheit zur Einreichung von Stellungnahmen oder Änderungen geben wollen, bevor sie die Anmeldung nach einem einzigen amtlichen Bescheid zurückweisen, sollten sie der in den damals geltenden Richtlinien beschriebenen Praxis folgen und den Anmelder, der einen ernst zu nehmenden Versuch gemacht hat, sich mit den Einwänden des Prüfers auseinanderzusetzen, zuvor warnend darauf hinweisen, z. B. durch einen Anruf oder einen kurzen weiteren Bescheid, dass die Anmeldung zurückgewiesen werden wird, wenn nicht überzeugendere neue Argumente oder geeignete Änderungen innerhalb einer bestimmten Frist vorgelegt werden. Die Kammer hielt Folgendes fest: Nur wenn sich der Anmelder nicht ernsthaft mit den Einwänden befasst hat, die die Prüfungsabteilung in ihrem ersten Bescheid erhoben hat, sollte diese eine sofortige Zurückweisung der Anmeldung ins Auge fassen. Dies sollte jedoch die Ausnahme bleiben. S. auch T 89/93, T 201/98, T 587/02.
In T 201/98 erkannte die Kammer an, dass die Erwiderung des Beschwerdeführers auf den einzigen Bescheid im vorliegenden Fall einen redlichen Versuch darstellte, sich mit den Einwänden der Prüfungsabteilung auseinanderzusetzen. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern überschreitet eine Prüfungsabteilung ihr Ermessen jedoch mit einer sofortigen Zurückweisung nicht, sofern ihre Entscheidung Art. 113 (1) EPÜ 1973 genügt, d. h. auf Gründe gestützt wird, zu denen der Beschwerdeführer sich äußern konnte, s. T 84/82 (ABl. 1983, 451) und T 300/89 (ABl. 1991, 480). Nach Auffassung der Kammer war die Entscheidung der Prüfungsabteilung vorliegend auf Gründe gestützt, zu denen der Beschwerdeführer sich hatte äußern können (Art. 113 (1) EPÜ 1973).
In T 1002/03 entschied die Kammer, dass im vorliegenden Fall kein besonderer Warnhinweis im amtlichen Bescheid erforderlich war (dass der nächste Schritt die Zurückweisung der Patentanmeldung sein könnte). Die angefochtene Entscheidung war im Wesentlichen mit denselben Argumenten begründet worden, die bereits im IPER aufgeführt waren und zu denen der Anmelder sich hatte äußern können. Folglich war das rechtliche Gehör des Anmelders (Art. 113 (1) EPÜ) nicht verletzt, und die Prüfungsabteilung hatte, als sie die Anmeldung nach einem einzigen Bescheid zurückwies, ihr Ermessen nicht auf unangemessene Weise ausgeübt (s. auch T 1969/07).
In T 1388/10 argumentierte der Beschwerdeführer, dass die Antwort des Anmelders jedoch einen ernsthaften ("bona fide") Versuch darstellte, die Einwände der Prüfungsabteilung zu beseitigen und, dass die Anmeldung daher nicht ohne eine weitere "Warnung" an den Anmelder hätte zurückgewiesen werden dürfen. Dazu bemerkte die Kammer, dass die Richtlinien im Gegensatz zum EPÜ und seiner Ausführungsordnung keine Rechtsvorschriften darstellen. Die Kammer stellte fest, dass bei der Überprüfung von Entscheidungen der Prüfungsabteilungen die Beschwerdekammer nicht beurteilt, ob die Prüfungsabteilung nach den Richtlinien gehandelt hat, sondern ob bei der Handhabung des Ermessens die durch das EPÜ und die Ausführungsordnung gesetzten Grenzen eingehalten worden sind. Nach Auffassung der Kammer hat die Prüfungsabteilung bei ihrer Entscheidung, im vorliegenden Fall, nach dem ersten Prüfungsbescheid keinen weiteren Bescheid nach Art. 94 (3) EPÜ zu erlassen, innerhalb der Grenzen des ihr zustehenden Ermessens gehandelt. Die Kammer konnte darin keine fehlerhafte Ausübung des Ermessens erkennen.