2.4.1 Formelle Beschwerdeberechtigung nach Artikel 107 EPÜ
Besteht eine Partei aus mehreren Personen, so muss eine Beschwerde gegen eine Entscheidung, die diese Partei beschwert, im Namen all dieser Personen von ihrem ordnungsgemäßen gemeinsamen Vertreter eingelegt werden (s. G 3/99, ABl. 2002, 347, wo mehrere Einsprechende einen gemeinsamen Einspruch einlegten; T 1154/06 zu Mitinhabern eines europäischen Patents; s. auch R 18/09 zu Mitinhabern eines Patents und einem Überprüfungsantrag) (T 755/09).
In G 3/99 (ABl. 2002, 347) befand die Große Beschwerdekammer, dass die Beschwerde gemäß R. 100 EPÜ 1973 von einem gemeinsamen Vertreter eingereicht werden muss, wenn die Partei der Einsprechenden aus mehreren Personen besteht. Wird die Beschwerde von einer hierzu nicht berechtigten Person eingelegt, so betrachtet die Beschwerdekammer sie als nicht ordnungsgemäß unterzeichnet und fordert den gemeinsamen Vertreter daher auf, die Beschwerde innerhalb einer bestimmten Frist zu unterzeichnen. Die nichtberechtigte Person, die die Beschwerde eingelegt hat, wird von dieser Aufforderung in Kenntnis gesetzt. Scheidet der bisherige gemeinsame Vertreter aus dem Verfahren aus, so ist gemäß R. 100 EPÜ 1973 (R. 151 EPÜ) ein neuer gemeinsamer Vertreter zu bestimmen (s. auch R 18/09). Zur Wahrung der Rechte des Patentinhabers und im Interesse der Verfahrenseffizienz muss während des gesamten Verfahrens klar sein, wer der Gruppe der gemeinsamen Einsprechenden bzw. der gemeinsamen Beschwerdeführer angehört. Beabsichtigt einer der gemeinsamen Einsprechenden oder der gemeinsamen Beschwerdeführer (oder der gemeinsame Vertreter), sich aus dem Verfahren zurückzuziehen, so muss das EPA durch den gemeinsamen Vertreter bzw. durch einen nach R. 100 (1) EPÜ 1973 bestimmten neuen gemeinsamen Vertreter entsprechend unterrichtet werden, damit der Rückzug aus dem Verfahren wirksam wird (s. z. B. T 562/13).
Wird eine Beschwerde von nur einem von mehreren Mitgliedern einer Partei eingelegt, das nicht ihr gemeinsamer Vertreter ist, so sollte die Beschwerdekammer dem gemeinsamen Vertreter eine Mitteilung schicken und ihm Gelegenheit geben, die einschlägigen Erfordernisse des EPÜ zu erfüllen (s. G 3/99, T 1154/06). Kommt der gemeinsame Vertreter dem nicht nach, so gilt die Beschwerdeschrift als nicht eingereicht. Die Beschwerde wird so behandelt, als sei sie zwar eingereicht, aber nicht von einer berechtigten Person unterzeichnet worden (R 18/09; s. dazu T 755/09).
In T 755/09 wurde die Beschwerde im Namen nur einer von mehreren Personen eingelegt, die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung gemeinsame Anmelder der betreffenden Anmeldung waren (s. Art. 59 EPÜ). Die Beschwerde war daher gemäß R. 101 (1) EPÜ grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen. Die Kammer wies darauf hin, dass dieser Fall nicht zu jenen gehöre, bei denen der Anmelder nach R. 101 (2) EPÜ aufgefordert werden muss, Mängel nach R. 99 (1) a) EPÜ innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen (s. G 1/12, ABl. 2014, A114). Die Beschwerdeschrift war eindeutig, und der Beschwerdeführer hatte auch niemals behauptet, dass sie einen Mangel nach R. 101 (2) EPÜ aufweise. Der in R. 101 (2) EPÜ vorgesehene Rechtsbehelf war daher nicht einschlägig (s. auch T 656/98, ABl. 2003, 385).
Die Beschwerde eines durch die angefochtene Entscheidung beschwerten Verfahrensbeteiligten ist zulässig, auch wenn gleichzeitig eine andere, nicht am Verfahren beteiligte Firma gemeinsam Beschwerde eingelegt hat (T 158/19).