BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen der Technische Beschwerdekammern
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.4 vom 18. Mai 2001 - T 656/98 - 3.3.4
(Übersetzung)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzende: | U. M. Kinkeldey |
Mitglieder: | S. C. Perryman |
| L. Galligani |
Patentinhaber/Beschwerdeführer: Genencor International, Inc.
Einsprechender 2/Beschwerdegegner I: Henkel KGaA
Einsprechender 3/Beschwerdegegner II: Novozymes A/S
Einsprechender 4/Beschwerdegegner III: Unilever N.V.
Stichwort: Nicht am Verfahren beteiligter Beschwerdeführer/GENENCOR
Artikel: 106, 107, 108, 110, 112 (1), 114 (1) EPÜ
Regel: 20 (3), 61, 64, 65, 66, 88 EPÜ
Schlagwort: "Übertragungsempfänger vor Eintragung beschwerdeberechtigt (verneint)" - "Beschwerde durch Eintragung außerhalb der Beschwerdefrist wirksam (verneint)" - "Berichtigung nach Regel 88 EPÜ (verneint)" - "Regel 65 (2) anwendbar (verneint)" - "Beschwerde zulässig (verneint)"
Leitsatz
Ein Übertragungsempfänger eines Patents ist dann beschwerdeberechtigt, wenn beim Europäischen Patentamt die notwendigen Urkunden zum Nachweis des Rechtsübergangs, der Eintragungsantrag und die Verwaltungsgebühr nach Regel 20 EPÜ vor Ablauf der Beschwerdefrist nach Artikel 108 EPÜ eingehen. Wird der Rechtsübergang später eingetragen, kann die Beschwerde rückwirkend nicht zulässig gemacht werden.
Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 0 260 105 wurde mit der in der mündlichen Verhandlung am 2. Juli 1997 verkündeten Entscheidung der Einspruchsabteilung, deren schriftliche Begründung am 20. April 1998 zur Post gegeben wurde, für nichtig erklärt, weil keiner der eingereichten Anträge die Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens erfüllte.
II. Von dieser Entscheidung wurden die folgenden Verfahrensbeteiligten in Kenntnis gesetzt:
1. die zum damaligen Zeitpunkt beim EPA eingetragene Patentinhaberin Genencor, Inc.,
2. die Einsprechende 2, nunmehr Beschwerdegegnerin I,
3. die damalige Einsprechende 3 Novo Nordisk A/S,
4. die Einsprechende 4, nunmehr Beschwerdegegnerin III.
Die ursprüngliche Einsprechende 1 hatte ihren Einspruch vor Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung zurückgezogen und gehörte damit nicht mehr zu den Verfahrensbeteiligten im Einspruchsverfahren.
III. Die von der damaligen Patentinhaberin Genencor, Inc. bestellten Vertreter legten am 30. Juni 1998 in folgendem Namen Beschwerde ein:
"Patentinhaberin:
Genencor International, Inc.
925 Page Mill Road
Palo Alto
CA 94304-1013, USA"
Die Beschwerdebegründung wurde am 18. August 1998 eingereicht.
IV. Mit Bescheid vom 9. September 1998 wies die Kammer darauf hin, daß Name und Anschrift der beim EPA eingetragenen Patentinhaberin nicht mit Name und Anschrift der Beschwerdeführerin übereinstimmten und geklärt werden müsse, wenn es sich bei der Beschwerdeführerin um eine unterschiedliche juristische Person handele, ob die Beschwerde im Sinne von Artikel 107 EPÜ von einem Verfahrensbeteiligten eingelegt wurde. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, sich hierzu zu äußern.
V. Am 16. Oktober 1998 ging ein Schreiben der Vertreter der Beschwerdeführerin ein, in dem es u. a. hieß:
"...
Sie haben darauf hingewiesen, daß das europäische Patent EP 0 260 105, das Gegenstand der Beschwerde T 656/98 ist, auf den Namen von Genencor, Inc. laute, während die Beschwerde im Namen von Genencor International, Inc. eingelegt worden sei.
Grund hierfür ist, daß das Patent EP 0 260 105 vor Einlegen der Beschwerde von Genencor, Inc. auf das verbundene Unternehmen Genencor International, Inc. übertragen wurde.
Wir gehen davon aus, daß wir zur Richtigstellung des Eintrags lediglich einen Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs auf Genencor International, Inc. stellen müssen …"
VI. Ein weiteres, auf den 4. November 1998 datiertes Schreiben der Vertreter der Beschwerdeführerin (das am 5. November 1998 als Fax und am 6. November 1998 im Original einging) enthielt eine beglaubigte Abschrift der rechtsgeschäftlichen Übertragung des europäischen Patents 0 260 105 von Genencor, Inc. auf Genencor International, Inc. für alle benannten Staaten, die als Datum des Wirksamwerdens den 2. Januar 1997 angab und im Namen beider Unternehmen unterzeichnet worden war. In dem Schreiben hieß es u. a.:
"...
Das europäische Patent 0 260 105 wurde von Genencor, Inc. auf Genencor International, Inc. nach der Erteilung des Patents, doch noch vor Einlegen der Beschwerde am 30. Juni 1998 übertragen. Da zum 30. Juni 1998 Genencor International, Inc. bereits Inhaberin des europäischen Patents war, mußte die Beschwerde von Genencor International, Inc. eingelegt werden.
..."
Die Verwaltungsgebühr wurde ebenfalls entrichtet.
VII. Die Rechtsabteilung des EPA trug den Rechtsübergang ein und teilte mit Schreiben vom 17. Dezember 1998 mit, daß das europäische Patent mit Wirkung vom 6. November 1998 auf die Beschwerdeführerin übergegangen sei.
VIII. In einem Vorbringen vom 16. Januar 1999 beantragte die Beschwerdegegnerin III, die Beschwerde u. a. aus dem Grund für unzulässig zu erklären, daß bei Einlegung der Beschwerde die Beschwerdeführerin kein Verfahrensbeteiligter gewesen sei.
IX. Unter Bezugnahme auf die Regeln 20 (3), 61 und 66 EPÜ teilte die Kammer in einem Bescheid vom 10. Februar 1998 ihre vorläufige Auffassung mit, daß die Beschwerde unzulässig zu sein scheine, da sie nicht von einem Verfahrensbeteiligten im Sinne von Artikel 107 EPÜ eingelegt worden sei.
X. Auf der Grundlage des vorgelegten Nachweises, daß Novozymes A/S zum 13. November 2000 aus Novo Nordisk A/S ausgegliedert und Novozymes A/S die gesamte Enzymsparte einschließlich des Einspruchs übertragen wurde, wurde die Beschwerdegegnerin II, Novozymes A/S, als Nachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden 3, Novo Nordisk A/S, anerkannt.
XI. Nach weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten fand am 18. Mai 2001 in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten eine mündliche Verhandlung statt, in der ausschließlich die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde erörtert wurde.
XII. Die Argumente der Beschwerdeführerin, die in schriftlicher Form dargelegt und weiter beibehalten oder in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Seit Ende 1990 bis zur endgültigen Auflösung am 9. Juli 1997 sei Genencor, Inc. eine hundertprozentige Tochter von Genencor International, Inc. gewesen, wobei beide ihren Sitz in Delaware gehabt hätten. Schon lange vor 1997 habe Genencor, Inc. seinen Geschäftsbetrieb eingestellt und sei nicht mehr aktiv gewesen. Nach EU-Recht würden beide Unternehmen als eine wirtschaftliche Einheit betrachtet.
- Auf Nachfrage der Kammer wurde ferner ausgeführt, daß es nach EU-Recht möglich sei, eine Kostenentscheidung in einem Verfahren vor dem EPA nicht nur gegenüber dem eingetragenen Patentinhaber, sondern auch gegenüber jedem Unternehmen durchzusetzen, das mit dem Patentinhaber als eine wirtschaftliche Einheit gelte.
- Wenngleich Genencor, Inc. dem Namen nach die Patentinhaberin sei, werde sie von Genencor International, Inc. vertreten. Beschwerdeberechtigt im Sinne von Artikel 107 EPÜ sei eine Kombination aus Genencor, Inc. und Genencor International, Inc.. Schon lange vor Einlegen der Beschwerde habe sich der Vertreter in seinem Schriftverkehr auf Genencor International, Inc. als Patentinhaberin bezogen: Man könne nicht zwischen Genencor, Inc. und Genencor International, Inc. unterscheiden, denn das hieße, die Sichtweise des EPA stimme nicht mit der Realität überein.
- Es handele sich hier um einen klassischen Fall für die Anwendung von Regel 65 (2) EPÜ. Bei falscher Angabe des Namens sehe diese einen Schutzmechanismus vor, wie aus T 1/97 - Naming of appellant/CROWN CORK vom 30. März 1999 hervorgehe.
- Von Rechts wegen habe Genencor International, Inc. bei der Auflösung von Genencor, Inc. deren gesamtes Geschäftsvermögen mit sofortiger Wirkung übernommen.
- Werde Regel 20 EPÜ betreffend die Eintragung von Rechtsübergängen, insbesondere Regel 20 (3) EPÜ, wonach "ein Rechtsübergang … dem Europäischen Patentamt gegenüber erst und nur insoweit wirksam [wird], als er ihm durch Vorlage von Urkunden nach Absatz 1 nachgewiesen wird", dahingehend ausgelegt, daß der Rechtsübergang dem Europäischen Patentamt nachgewiesen werden müsse, bevor der Übertragungsempfänger im Verfahren rechtswirksam handeln könne, so würde man zu Unrecht zwischen einem beschwerdeführenden Patentinhaber und einem beschwerdeführenden Einsprechenden unterscheiden, da Regel 20 (3) auf Rechtsübergänge von Einsprüchen keine Anwendung finde.
- Regel 88 EPÜ finde nur Anwendung, wenn Regel 65 (2) EPÜ nicht anwendbar sei. Der Fehler habe darin bestanden, daß der Vertreter davon ausgegangen sei, der Rechtsübergang des Patents auf Genencor International, Inc. sei ordnungsgemäß eingetragen worden: Dies sei ein Tatsachenirrtum und kein Rechtsirrtum gewesen.
- Bevor die Frage der Zulässigkeit zuungunsten der Beschwerdeführerin entschieden werde, schlage man vor, der Großen Beschwerdekammer die folgenden Fragen vorzulegen (die in dem am 18. April 2001 eingegangenen Schriftsatz bereits aufgelistet waren und in der mündlichen Verhandlung neu formuliert und weiter ausgeführt wurden):
1. - Was bedeutet der Begriff "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107?
- Schließt er den Fall eines Beschwerdeführers ein, der rechtmäßiger Rechtsnachfolger des eingetragenen Patentinhabers und Verfahrensbeteiligten ist, der bei Einlegung der Beschwerde jedoch nicht im Sinne von Regel 20 als solcher eingetragen war?
2. - Welche Auswirkungen hat (wenn überhaupt) Regel 20 (3) auf die Artikel 106 bis 108,
- insbesondere wenn der eingetragene Patentinhaber seine Rechte am Patent vor Einlegen der Beschwerde überträgt, der Rechtsübergang aber erst nach Ablauf der Frist für das Einlegen der Beschwerde eingetragen wird?
- Führt Regel 20 (3) dazu, daß das Amt Tatsachen aus der Zeit vor der Eintragung des Rechtsübergangs unberücksichtigt läßt, insbesondere das Datum des Rechtsübergangs und vom Übertragungsempfänger zwischenzeitlich zum Schutz seiner Rechte vorgenommene Handlungen?
3. - Unter welchen Umständen wäre die fehlerhafte Bezeichnung des Patentinhabers ein Mangel, der nach Regel 88 berichtigt werden könnte?
- Findet Regel 88 Anwendung, wenn Name und Anschrift des eingetragenen Patentinhabers und Name und Anschrift des Beschwerdeführers voneinander abweichen, woraus für die Kammer ersichtlich ist, daß Artikel 107 EPÜ nicht erfüllt sein könnte, diese Abweichung aber auf einer fälschlichen Annahme in bezug auf den eigentlichen Verfahrensbeteiligten beruht?
- Findet Regel 88 Anwendung, wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift irrtümlich anstatt des eingetragenen Inhabers als Patentinhaber angegeben wurde und der eingetragene Inhaber nicht mehr existiert?
4. - Welche Wirkung hat Regel 65 (2)?
- Findet sie Anwendung, wenn (wie in diesem Fall) die Technische Beschwerdekammer darauf hingewiesen, d. h. festgestellt und dem Patentinhaber mitgeteilt hat, daß die Beschwerde der Regel 64 Buchstabe a nicht entspricht, da Name und Anschrift des Beschwerdeführers und des eingetragenen Patentinhabers nicht übereinstimmen?
- Wenn ja, habe in bezug auf Artikel 107 und hinsichtlich der Frage, ob die falsche Bezeichnung des Beschwerdeführers entsprechend den Bestimmungen der Regel 65 (2) berichtigt werden kann, Regel 65 (2) Vorrang vor Regel 65 (1)?
XIII. Die Beschwerdegegnerinnen machten u. a. folgendes geltend:
- Artikel 107 EPÜ verlange vom Beschwerdeführer die Erfüllung zweier voneinander unabhängiger Erfordernisse:
(1) einen Nachweis über seine Stellung als Beteiligter in dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, und
(2) einen Nachweis darüber, daß er durch die Entscheidung beschwert ist.
- Verfahrenshandlungen könne nur vornehmen, wer als Verfahrensbeteiligter eingetragen gewesen oder nach Erbringung des entsprechenden Nachweises als Nachfolger eines früheren eingetragenen Verfahrensbeteiligten eingetragen worden sei.
- Es reiche nicht aus, in einem allgemeinen wirtschaftlichen Sinn in irgendeiner Weise beschwert zu sein, um die Beteiligtenstellung zu erlangen.
- Wie aus der Entscheidung G 4/88 (ABl. EPA 1989, 480) hervorgehe, sei eine Übertragung der Einsprechendenstellung nur unter strengen Bedingungen möglich: Daß der Regel 20 (3) EPÜ Genüge getan werden müsse, bevor jemand als Nachfolger des ursprünglichen Patentinhabers anerkannt werden könne, habe nichts mit Diskriminierung zu tun; man könne jegliche Schwierigkeiten umgehen, indem man die Übertragung beim EPA eintragen lasse.
- Eine nicht eingetragene Übertragung dürfe im Hinblick auf die Bestimmung der Beschwerdeberechtigten nicht in Betracht gezogen werden (s. hierzu T 675/93 vom 16. September 1997).
- Die vermeintliche Beschwerde erfülle nicht das Erfordernis von Regel 64 a) EPÜ, die besage, daß der Name und die Anschrift des Beschwerdeführers enthalten sein müßten: Regel 65 (2) EPÜ sei somit nicht anwendbar.
- Es habe keine Unrichtigkeit vorgelegen, die berichtigt werden könne; es habe vielmehr die feste Absicht bestanden, die Beschwerde im Namen von Genencor International, Inc. einzulegen.
XIV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und als Hauptantrag, daß die Beschwerde für zulässig erklärt und das Verfahren schriftlich fortgesetzt werde, sowie hilfsweise, daß die in der Anlage zum Schriftsatz vom 11. April 2001 aufgelisteten Fragen zusammen mit den in der mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2001 eingereichten zusätzlichen Erläuterungen der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden.
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) beantragten, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
1.1 Artikel 107 EPÜ befaßt sich mit den Beschwerdeberechtigten und Verfahrensbeteiligten. Diese müssen eindeutig und leicht festzustellen sein, wenn sich das Beschwerdeverfahren nicht von vorne herein in komplizierten Nachforschungen darüber verlieren soll, in welcher Beziehung die ursprünglichen Verfahrensbeteiligten und die potentiellen späteren Verfahrensbeteiligten und potentiellen Beschwerdeführer zueinander stehen. Der Begriff "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107 EPÜ kann daher sinnvoll nur so ausgelegt werden, daß er auf Beteiligte im erstinstanzlichen Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, und auf deren ordnungsgemäß eingetragene Rechtsnachfolger begrenzt wird.
1.2 Die Bedeutung des Begriffs "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107 EPÜ geht aus dem französischen und dem deutschen Wortlaut klarer hervor als aus dem englischen, da die französische und die deutsche Fassung ausdrücklich auf Beteiligte an einem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, Bezug nehmen. In Übereinstimmung mit allgemeinen Verfahrensgrundsätzen umfaßt der Begriff "Verfahrensbeteiligter" auch jemanden, der alle notwendigen Formerfordernisse erfüllt hat, um als Rechtsnachfolger eines Beteiligten in einem erstinstanzlichen Verfahren oder vom zuständigen Gericht als neuer Verfahrensbeteiligter anerkannt zu werden. Handelt es sich um einen Patentinhaber, so sind die Vorschriften für die Anerkennung als Rechtsnachfolger in Regel 20 EPÜ maßgebend. Die einzige Bestimmung im EPÜ, die den Beitritt eines neuen Verfahrensbeteiligten regelt, findet sich in Artikel 105 EPÜ, doch diese ist hier nicht relevant.
1.3 Daß die Bedeutung des Begriffs "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107 EPÜ auf eingetragene Verfahrensbeteiligte und ihre ordnungsgemäß eingetragenen Rechtsnachfolger begrenzt sein muß, liegt auch darin begründet, daß das EPA nicht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über das Recht auf ein Patent zuständig ist, sondern nach Artikel 60 (3) EPÜ anerkennen muß, daß der Anmelder als berechtigt gilt, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen, sofern dem nicht eine Entscheidung eines zuständigen nationalen Gerichts nach Maßgabe des Protokolls über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents entgegensteht.
1.4 Es gehört wohl nicht zu den Aufgaben des Europäischen Patentamts, in seine Überlegungen etwas einzubeziehen, was nach EU-Recht angeblich als mit einem eingetragenen Verfahrensbeteiligten verbundene "wirtschaftliche Einheit" gilt. Auch scheint eine so breite Auslegung des Begriffs "Verfahrensbeteiligter" nicht gerechtfertigt. Ist jemand, der auf Grund irgendeiner Vereinbarung zum eingetragenen Patentinhaber wird, nicht in der Lage, zur Wahrung all seiner Rechte rechtzeitig die einfachen Erfordernisse von Regel 20 EPÜ zu erfüllen, so muß er die entsprechenden Konsequenzen tragen. Es gibt keinen triftigen Grund dafür, daß das EPA oder die anderen Verfahrensbeteiligten umfassende Nachforschungen darüber anstellen sollen, welche Art von "wirtschaftlichen Einheiten" eine Beteiligtenstellung rechtfertigen würde. Ginge man von der strikten Einhaltung der Formerfordernisse von Regel 20 EPÜ ab, so würde die Grenze verwischt, wer als Verfahrensbeteiligter gelten kann und wer nicht.
2. Frage 1 an die Große Beschwerdekammer
2.1 Nach Auffassung der Kammer geht die Antwort auf die Frage 1, die zur Vorlage an die Große Beschwerdekammer vorgeschlagen wurde, klar aus dem Wortlaut des EPÜ hervor: Unter den Begriff "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107 EPÜ fällt niemand, der nicht der Patentinhaber ist und auch niemand, der nicht die notwendigen Urkunden beigebracht (und die Gebühr bezahlt) hat, um als Rechtsnachfolger gemäß Regel 20 EPÜ eingetragen werden zu können. Es gibt keine Fälle, die dieser Auffassung widersprechen würden, und da dieser Punkt unstrittig ist, kann er nicht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gewertet werden, mit der die Große Beschwerdekammer befaßt werden müßte.
3. Artikel 107 und 108 EPÜ, Regeln 20, 61 und 66 EPÜ
3.1 Regel 20 (3) EPÜ besagt:
"Ein Rechtsübergang wird dem Europäischen Patentamt gegenüber erst und nur insoweit wirksam, als er ihm durch Vorlage von Urkunden nach Absatz 1 nachgewiesen wird."
3.2 Regel 61 EPÜ mit der Überschrift 'Rechtsübergang des europäischen Patents' lautet:
"Regel 20 ist auf einen Rechtsübergang des europäischen Patents während der Einspruchsfrist oder der Dauer des Einspruchsverfahrens entsprechend anzuwenden."
3.3 Regel 66 (1) EPÜ mit der Überschrift 'Prüfung der Beschwerde' hat folgenden Wortlaut:
"Die Vorschriften für das Verfahren vor der Stelle, die die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, sind im Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes bestimmt ist."
3.4 Mit Regel 20 EPÜ soll sichergestellt werden, daß das EPA von einem Rechtsübergang erst nach Vorlage des entsprechenden Nachweises (und nach Entrichtung der Verwaltungsgebühr) Kenntnis nehmen muß bzw. darf. Dieses Verfahren ist verglichen mit den meisten Verfahren zur Eintragung von Übertragungen in nationalen Patentämtern extrem einfach und leicht einzuhalten. Die Regel ist in ihrem Wortlaut eindeutig und gilt gemäß Regel 61 und Regel 66 auch in Beschwerdeverfahren. Daß es sich hier um ein leicht zu erfüllendes Erfordernis handelt, ist noch kein Grund, es zu ignorieren.
3.5 Wenn in einer Übertragungsurkunde ein wirksames Datum angegeben ist, so ist dieses Datum nur für die an der Übertragung Beteiligten wirksam. Dabei handelt es sich aber nicht um das Datum, zu dem der Rechtsübergang dem Europäischen Patentamt gegenüber wirksam wird, da dies in direktem Widerspruch zum expliziten Wortlaut von Regel 20 (3) EPÜ stünde. Nähme man als wirksames Datum dem Europäischen Patentamt gegenüber ein früheres "wirksames Datum" an, wie in der Übertragungsurkunde angegeben, so könnten Zweifel entstehen, ob Verfahrenshandlungen, die zwar nach dem in der Übertragungsurkunde erwähnten "wirksamen Datum", aber noch vor deren Vorlage beim Europäischen Patentamt vorgenommen worden seien, überhaupt rechtsgültig sind. Wenn noch nicht beim EPA vorgelegte Übertragungen rückwirkend wirksam sein können, so gäbe es keine Gewißheit, daß es das EPA mit dem richtigen "Inhaber" zu tun hat. Weitere Probleme könnten sich für das EPA ergeben, wenn eine Übertragung mit einem früheren "wirksamen Datum" erst nach der Eintragung einer Übertragungsurkunde mit einem späteren "wirksamen Datum" vorgelegt wird. All diese Probleme werden vermieden, wenn Regel 20 (3) EPÜ wörtlich ausgelegt wird, wie dies die Kammer tut.
3.6 Da das wirksame Datum des Rechtsübergangs auf Genencor International, Inc. somit der Tag der Eintragung der Übertragung ist, der nicht innerhalb der Beschwerdefrist nach Artikel 108 EPÜ liegt, wurde prima facie keine Beschwerde von einem Beteiligten an dem Verfahren, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, innerhalb der Beschwerdefrist nach Artikel 108 EPÜ eingelegt. Gemäß Regel 65 (1) EPÜ muß die Beschwerde daher als unzulässig verworfen werden.
4. Frage 2 an die Große Beschwerdekammer
4.1 Aus den oben angeführten Gründen ist die Antwort auf die Frage 2, die zur Vorlage an die Große Beschwerdekammer vorgeschlagen wurde, eindeutig, und es ist somit hinfällig, die Große Beschwerdekammer damit zu befassen. Die Artikel 107 und 108 EPÜ verlangen in Verbindung miteinander, daß die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung von einem Verfahrensbeteiligten eingelegt wird. Nicht am Verfahren Beteiligte können keine rechtswirksame Beschwerde einlegen, während Regel 20 (3) EPÜ verhindert, daß die Beschwerde rückwirkend rechtswirksam wird, wenn die für den Nachweis notwendigen Urkunden dem EPA erst nach Ablauf der Beschwerdefrist vorgelegt werden. Daß die Übertragungsurkunde als wirksames Datum für den Rechtsübergang vom bisherigen auf den neuen Rechtsinhaber ein früheres Datum angibt, ist nicht ausschlaggebend; wichtig ist das Datum, an dem der Rechtsübergang dem Europäischen Patentamt durch die Vorlage von Urkunden nachgewiesen wird.
4.2 Würde man der Argumentation der Beschwerdeführerin folgen und die Bedeutung des Begriffs "Verfahrensbeteiligter" in Artikel 107 EPÜ erweitern, so würde man damit die Erfordernisse der Regel 20 (3) EPÜ umgehen. Ließe man, wie die Beschwerdeführerin dies begehrt, als "Verfahrensbeteiligte" auch beim EPA noch nicht eingetragene Personen zu, insbesondere nicht eingetragene Übertragungsempfänger, so würde man die einfache Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde, die nach Artikel 110 EPÜ als erster Schritt in einem Beschwerdeverfahren vorgeschrieben ist, in eine möglicherweise recht komplizierte Untersuchung hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen des beim EPA eingetragenen Patentinhabers bzw. der von ihm vorgenommenen, aber nicht mitgeteilten Übertragungen verkehren. Die Kammer kann sich nicht vorstellen, daß die Verfasser des EPÜ solche Nachforschungen in Betracht gezogen haben, wo doch eine einfache Prüfung genügt, solange Regel 20 (3) EPÜ wörtlich befolgt wird.
4.3 Gemäß der Entscheidung G 4/88 (siehe oben) sind Übertragungen von Einsprüchen nur unter sehr spezifischen Bedingungen möglich: Daß Einsprechenden und Patentinhabern in bezug auf die Übertragung ihrer Beteiligtenstellung unterschiedliche Bedingungen auferlegt werden, scheint nicht zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung zu führen. Patente können weitaus leichter übertragen werden als Einsprüche, da lediglich die Formerfordernisse von Regel 20 EPÜ zu erfüllen sind.
5. Regel 88 EPÜ
5.1 Die am 16. Oktober und am 5. November 1998 eingegangenen Schreiben der Vertreter der Beschwerdeführerin, die verfaßt wurden, nachdem die Kammer mitgeteilt hatte, daß Name und Anschrift der Beschwerdeführerin und der eingetragenen Patentinhaberin voneinander abweichen, bestätigen eigentlich nur, daß man Name und Anschrift von Genencor International, Inc. als Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift angeben wollte. Die Kammer kann hier keinen Tatsachenirrtum erkennen, der eine Berichtigung des Namens von jemandem, der nicht eingetragen ist, im Sinne von Regel 88 EPÜ zulassen würde.
5.2 Der Unterschied zur Sachlage in J 7/80 (ABl. EPA 1981, 137) ist kein rechtlicher, sondern ein faktischer. Die mit dem Fall befaßte Kammer konnte aufgrund der ihr vorliegenden Beweismittel feststellen, daß bei der Feststellung der richtigen Anmelderin und ihrer Staatsangehörigkeit ein Fehler vorgekommen sei, so daß eine Berichtigung nach Regel 88 EPÜ zulässig war.
6. Frage 3 an die Große Beschwerdekammer
6.1 Aus der Beschwerdeschrift geht in der Sache klar hervor, was die Vertreter meinten und was in den am 16. Oktober und am 5. November 1998 eingegangenen Schreiben bestätigt wurde. Die Kammer sieht daher keine auf Tatsachen beruhende Grundlage, um die Große Beschwerdekammer mit dem ersten Teil der vorgeschlagenen Frage zu Regel 88 EPÜ zu befassen.
6.2 Auch was den zweiten Teil der vorgeschlagenen Frage zu Regel 88 EPÜ betrifft, hält es die Kammer nicht für nötig, diesen der Großen Beschwerdekammer vorzulegen. Bei der Prüfung einer Beschwerde scheint es unerheblich zu sein, was die Beschwerdekammer für offenkundig halten könnte oder nicht. Ob eine Berichtigung offensichtlich ist oder nicht, spielt nur bei einer Berichtigung der Beschreibung, der Patentansprüche oder der Zeichnungen eine Rolle. Faktisch kann die Kammer nur einen Rechtsirrtum in bezug auf den Beschwerdeberechtigten feststellen, der nicht nach Regel 88 EPÜ berichtigt werden kann.
6.3 Was den dritten Teil der in bezug auf Regel 88 EPÜ vorgeschlagenen Frage betrifft, gibt es keinen Beweis dafür, daß der eingetragene Patentinhaber bei Einlegung der Beschwerde nicht mehr existierte (siehe die nachstehenden Nummern 9.1 bis 9.3), weshalb die vorgeschlagene Frage nicht relevant ist. Die Beschwerdeführerin hat auch keine Frist erbeten, um Beweismittel vorlegen und ihr Vorbringen substantiieren zu können.
6.4 In bezug auf Regel 88 EPÜ stellt sich somit keine Rechtsfrage, die einer Entscheidung der Großen Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 (1) EPÜ bedürfte.
7.1 Die Beschwerdeschrift genügte den Erfordernissen von Regel 64 a) EPÜ, wonach der Name und die Anschrift des Beschwerdeführers enthalten sein müssen. Dementsprechend bestand für die Kammer keine Veranlassung, die Beschwerdeführerin zur Beseitigung eines Mangels nach Regel 65 EPÜ aufzufordern: Es lag schlichtweg kein Mangel vor.
7.2 Mit Bescheid vom 9. September 1998 wurde darauf hingewiesen, daß Name und Anschrift der eingetragenen Patentinhaberin und der in der Beschwerdeschrift genannten Patentinhaberin bzw. Beschwerdeführerin voneinander abwichen. Was gewesen wäre, wenn die Antwort gelautet hätte, daß es sich um einen Fehler handle und die Beschwerde im Namen der zum damaligen Zeitpunkt eingetragenen Patentinhaberin eingelegt werden sollte, sei dahingestellt. Eine solche Antwort erfolgte nicht. Vielmehr wurde in zwei Schreiben vom 16. Oktober und vom 4. November 1998 bestätigt, daß die Beschwerde bewußt im Namen von Genencor International, Inc. eingelegt worden sei, und eine Urkunde über die Übertragung von Genencor, Inc. auf Genencor International, Inc. wurde eingereicht.
7.3 Die Kammer sieht hier keinen Ermessensspielraum für eine Anwendung von Regel 65 (2) EPÜ, um die Beschwerde für zulässig zu erklären.
8. Frage 4 an die Große Beschwerdekammer
8.1 Da es sich hier nicht um die Anwendung von Regel 65 (2) EPÜ handelt, sind die Fragen in bezug auf diese Regel unerheblich, so daß auch die Große Beschwerdekammer nicht befaßt werden muß.
9. Rechtsnachfolge in anderer Weise als durch Rechtsübergang
9.1 Wie der Kammer mitgeteilt wurde, existierte zu dem Zeitpunkt, als die Beschwerde eingelegt wurde, Genencor, Inc. bereits nicht mehr, und Genencor International, Inc. habe nach der Auflösung von Genencor, Inc. von Rechts wegen das gesamte Geschäftsvermögen mit sofortiger Wirkung übernommen. Weder wurde aber die Auflösung von Genencor, Inc. durch Unterlagen belegt, noch wurde ein Nachweis in bezug auf das Gesellschaftsrecht des Staates Delaware erbracht. Die Gesetze von Staaten, die nicht Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens sind, sind aber als Sachverhalte zu behandeln, für die Nachweise erbracht werden sollten. Falls die Beschwerdeführerin anhand ihrer Vorbringen zeigen wollte, daß das Patent auf andere Weise als durch Rechtsübergang auf sie übertragen wurde, so daß Regel 20 EPÜ keine Anwendung findet, so wurde aber hierfür zum einen kein Nachweis erbracht und zum anderen steht das Vorbringen im Widerspruch dazu, daß sich die Beschwerdeführerin für die Geltendmachung ihrer Rechte auf eine Übertragung stützt.
9.2 Gemäß Artikel 114 (1) EPÜ ist das Europäische Patentamt befugt, von Amts wegen zu ermitteln; dabei ist es nicht auf das Vorbringen der Beteiligten beschränkt. Demgemäß hat die Kammer aufgrund mangelnder Beweismittel die im Internet verfügbaren Informationen zu den Rechtsvorschriften des Staates Delaware geprüft, wobei das Kapitel 8 "Gesellschaften" relevant sein dürfte. Wenn, wie die Beschwerdeführerin angibt, Genencor, Inc. aufgelöst wurde, dann ist aus § 278 und 281 dieses Kapitels aber keineswegs zu schließen, daß Genencor, Inc. bei Einlegung der Beschwerde nicht mehr existierte, oder daß ihr Eigentum von Rechts wegen auf Genencor International, Inc. überging, selbst wenn diese die einzige Anteilseignerin ist. In dem von der Kammer als relevant erachteten Kapitel 8 "Gesellschaften" des Delaware Code, das den Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde, heißt es wie folgt:
"§ 278. Weiterführung einer Gesellschaft nach Auflösung im Hinblick auf Rechtsstreitigkeiten und die Abwicklung des Geschäftsbetriebs
Alle Gesellschaften werden unabhängig davon, ob sie aufgrund des Ablaufs der vereinbarten Dauer beendet oder aus einem anderen Grund aufgelöst werden, nach Ablauf der Vertragsdauer oder Auflösung noch für eine Frist von 3 Jahren - oder nach Ermessen des "Court of Chancery" auch noch für einen längeren Zeitraum - als juristische Personen weitergeführt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, bei etwaigen Rechtsstreitigkeiten in Zivil-, Straf- und Verwaltungssachen als Kläger oder Beklagte aufzutreten, ihren Geschäftsbetrieb schrittweise einzustellen und zu schließen, ihr Vermögen zu veräußern und zu übertragen, offene Verbindlichkeiten zu erfüllen und unter ihren Anteilseignern das übrige Geschäftsvermögen aufzuteilen, jedoch nicht, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen, für den die Gesellschaft gegründet worden war. Was Prozesse, Klagen oder Verfahren betrifft, die von der Gesellschaft oder gegen sie geführt werden und die vor oder innerhalb der Frist von drei Jahren nach Ablauf der Vertragsdauer oder Auflösung der Gesellschaft begonnen wurden, so dürfen diese nicht mit der Begründung eingestellt werden, daß die Gesellschaft aufgelöst sei; vielmehr ist die Gesellschaft allein zum Zwecke der Weiterverfolgung dieser Prozesse, Klagen oder Verfahren als juristische Person über den Dreijahreszeitraum hinaus bis zur vollständigen Vollstreckung von Urteilen bzw. Durchführung von Anordnungen oder Verfügungen weiterzuführen, ohne daß es hierfür einer besonderen Weisung des "Court of Chancery" bedarf.
§ 281. Zahlung und Aufteilung an Gläubiger und Anteilseigner
(a) Eine aufgelöste Gesellschaft oder ihre Rechtsnachfolgerin, die die in § 280 dieses Abschnitts beschriebenen Verfahren befolgt hat,
(1) begleicht die gegen sie erhobenen unbestrittenen Forderungen gemäß § 280 (a) dieses Kapitels,
(2) stellt die angebotenen unbestrittenen Sicherheiten gemäß § 280 (b) dieses Kapitels zu,
(3) stellt die vom "Court of Chancery" in einem Verfahren gemäß § 280 (b) dieses Kapitels geforderten Sicherheiten zu,
(4) begleicht alle anderen offenen, bekannten und unbestrittenen Forderungen oder solche, von denen feststeht, daß die Gesellschaft oder ihre Rechtsnachfolgerin sie schuldet, oder bildet die entsprechenden Rückstellungen.
Diese Forderungen oder Verbindlichkeiten sind in voller Höhe zu begleichen bzw. die Rückstellungen müssen auf die volle Höhe lauten, sofern Vermögenswerte in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, sind diese Forderungen und Verpflichtungen entsprechend ihrer Rangordnung zu begleichen bzw. sind die entsprechenden Rückstellungen zu bilden; Forderungen, die die gleiche Rangordnung haben, werden anteilsmäßig bis zur Höhe der rechtlich verfügbaren Vermögenswerte beglichen. Verbleibende Vermögenswerte werden unter den Anteilseignern der aufgelösten Gesellschaft aufgeteilt, wobei diese Aufteilung jedoch erst nach Ablauf einer Frist von 150 Tagen nach dem Tag der letzten Mitteilung über Zurückweisungen von Forderungen nach § 280 (a) (3) dieses Kapitels erfolgen darf. Sofern keine betrügerische Handlung vorliegt, ist das Urteil der Geschäftsführer der aufgelösten Gesellschaft oder der Vertreter der Rechtsnachfolgerin in bezug auf die Rückstellungen für die Erfüllung sämtlicher Verbindlichkeiten nach Absatz (4) dieses Unterabschnitts verbindlich.
(b) ..."
9.3 Aus dem Vorstehenden kann man nicht schließen, daß Genencor, Inc. nach der Auflösung in jeder Hinsicht zu existieren aufgehört hat und daß Genencor International, Inc. von Rechts wegen unmittelbar Anspruch auf das Geschäftsvermögen von Genencor, Inc. hat.
9.4 Die Beschwerdeführerin hat nicht geltend gemacht, daß sie nach § 253, Kapitel 8 des Delaware Code durch Fusion mit ihrer eigenen hundertprozentigen Tochter Genencor, Inc. von Rechts wegen deren Nachfolgerin wurde, weshalb diese Bestimmung hier auch nicht herangezogen werden kann.
9.5 Die einzige Bemerkung des Vertreters der Beschwerdeführerin hierzu war, daß sich die Kammer im Rahmen ihrer Nachforschungen nicht auf den richtigen Teil des Delaware Code bezogen habe. Es sei dahingestellt, ob dies zutrifft. Der Kammer fehlen jedenfalls jegliche Anhaltspunkte, um die Zulässigkeit der Beschwerde auf diese Argumentationskette stützen zu können.
10. Grundsatz des Vertrauensschutzes
10.1 Das EPA hat im Einklang mit einem im Recht der Europäischen Gemeinschaften fest verankerten Grundsatz anerkannt, daß vom EPA getroffene Maßnahmen das berechtigte Vertrauen der Benutzer nicht verletzen sollten. Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, daß die Vertreter der Patentinhaberin, die bereits vor 1997 im Auftrag der Patentinhaberin handelten, sich auf Genencor International, Inc. als Inhaberin des Streitpatents bezogen hätten. Tatsächlich ist aus der Einspruchsakte zu ersehen, daß ab Dezember 1996 im Briefkopf der Schreiben der Vertreter nicht mehr Genencor, Inc., sondern Genencor International, Inc. genannt wird. Das EPA hat sich jedoch in seinem gesamten Schriftverkehr weiterhin auf Genencor, Inc. als Patentinhaberin bezogen.
10.2 Wäre das EPA darauf aufmerksam gemacht worden, daß sich der Patentinhaber geändert hat oder daß der Vertreter nunmehr für jemand anderen handelt, hätte die Kammer eventuell erwogen, ob man aufgrund der Tatsache, daß das EPA nicht auf die Erfordernisse von Regel 20 EPÜ hingewiesen hat, entsprechend dem oben erwähnten Grundsatz von der Rechtsfiktion ausgehen könne, daß der Rechtsübergang fristgerecht eingegangen sei.
10.3 Vom EPA kann aber nicht erwartet werden, daß es jede mögliche Handlung aufspürt, die ein Patentinhaber oder ein nicht eingetragener Übertragungsempfänger in seinem eigenen Interesse vornehmen sollte. Eine Namensänderung bedeutet nicht zwangsläufig, daß sich der Patentinhaber geändert hat. Nur der Patentinhaber oder der Übertragungsempfänger können über die einzelnen Vorgänge Bescheid wissen, wobei wohlbekannt ist, daß bei Patenten die Nichteintragung von Rechtsübergängen Konsequenzen haben kann.
10.4 Es wurde geltend gemacht, daß wenn Genencor, Inc. und Genencor International, Inc. nicht als eine Einheit betrachtet würden, die beide in eigenem Namen ungeachtet der Bestimmungen des EPÜ die erforderlichen Verfahrenshandlungen vornehmen könnten, dies bedeuten würde, daß die Sichtweise des EPA nicht mit der Realität übereinstimmt. Doch sind Formalitäten hinsichtlich der Eintragung von Änderungen des Eigentums an einem so wertvollen Gut, wie es ein Patent darstellt, durchaus auch Teil dieser Realität. Im vorliegenden Fall lautete das Patent über Jahre auf den Namen der ursprünglichen Patentinhaberin, als diese - was immer auch der Grund für ein solches Vorgehen gewesen sein mag - bereits nur noch eine leere Hülle war, die von der Beschwerdeführerin weitergeführt wurde. Auch dieses Vorgehen, das einige Risiken barg, entspricht nicht der Realität. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, daß das EPA durch sein Vorgehen die berechtigte Erwartung geweckt hat, die Beschwerde könne im Namen eines nicht eingetragenen Übertragungsempfängers eingelegt werden.
11. Keine allgemeine Befugnis, einen Parteiwechsel zuzulassen
11.1 In der Entscheidung J 16/96 (ABl. EPA 1998, 347), in der es um einen Antrag auf Registrierung eines Zusammenschlusses von Vertretern ging, gab die Juristische Beschwerdekammer einem Antrag auf Parteiwechsel im Ex-parte-Beschwerdeverfahren statt, da sich dort ein solcher Wechsel verfahrensrechtlich anbot. In jenem Fall standen aber der rückwirkenden Anerkennung des Parteiwechsels keine Bestimmungen des EPÜ, wie Regel 20 EPÜ, entgegen, und aus verfahrensrechtlicher Sicht war der Parteiwechsel sowohl für die Verfahrensbeteiligten als auch das EPA passender, als zu verlangen, daß ein weiterer Antrag durch die richtigen Parteien gestellt werden müsse. Hieraus kann aber keine allgemeine Befugnis der Kammern hergeleitet werden, Anträge auf einen rückwirkenden Parteiwechsel zu prüfen und diesen gegebenenfalls stattzugeben, noch dazu in einem Fall, in dem mit Regel 20 EPÜ eine spezifische Bestimmung vorliegt, die eine rückwirkende Anerkennung verbietet.
12. Befassung der Großen Beschwerdekammer allgemein
12.1 Artikel 112 (1) sieht vor, daß die Große Beschwerdekammer befaßt wird, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu sichern oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
12.2 Die Kammer ist der Auffassung, daß in bezug auf die Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall stellen, ihr Standpunkt mit dem eindeutigen und ausdrücklichen Wortlaut der entsprechenden Artikel und Regeln im Einklang steht. Eine widersprüchliche Rechtsprechung hierzu liegt nicht vor. Somit ist eine Vorlage von Rechtsfragen an die Große Beschwerdekammer nicht erforderlich.
12.3 Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, daß Patentinhaber und ihre Vertreter die Verfahrenshandlungen vornehmen, um Rechtsübergänge so schnell wie möglich nach der Übertragung eintragen zu lassen, damit verhindert werden kann, daß solche Situationen vermehrt vorkommen. Die Zahl der Änderungen der Patentinhaber, die aus dem Verkauf von Geschäftsbereichen, aus Fusionen und Ausgliederungen von Unternehmensbereichen resultieren, hat in einem Maß zugenommen, daß es nun häufig zu Problemen und Verfahrensverzögerungen kommt, und es ist nicht auszuschließen, daß weitere Fälle auftreten, in denen das Recht auf Beschwerde verloren geht, weil ein Rechtsübergang nicht zügig genug eingetragen wurde.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf Vorlage von Fragen an die Große Beschwerdekammer wird abgelehnt.
2. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.