3.1.7 Ausnahmen vom Verbot der reformatio in peius
In T 2277/18 beantragte der Beschwerdegegner (Patentinhaber) das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, hilfsweise in der von der Einspruchsabteilung geänderten Fassung. Im Vergleich zur erteilten Fassung enthielt der unabhängige Anspruch 1 einen Disclaimer, der in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht offenbart war. Nach G 1/03 (ABl. 2004, 413) sollte ein Disclaimer nicht mehr ausschließen, als nötig ist, um die Neuheit wiederherzustellen. Die Kammer stellte jedoch fest, dass der Disclaimer in der aufrechterhaltenen Fassung des Streitpatents mehr als nötig ausschloss. Hinsichtlich des Verschlechterungsverbots führte die Kammer aus, dass die Bedingungen von G 1/99 für eine zulässige Ausnahme vom Verschlechterungsverbot auch dann gelten, wenn es sich bei der unzulässigen Änderung um einen nicht offenbarten Disclaimer handelt. Es stellte sich die Frage, ob im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit der ersten Option aus G 1/99 die Aufnahme von ursprünglich offenbarten, den Schutzumfang der aufrechterhaltenen Fassung einschränkenden Merkmalen den Mangel beseitigen kann. Dies bejahte die Kammer, denn in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, wurde ein bestimmtes Implantat aus einer spezifischen Mg-Zn-Ca- Legierung offenbart. Die Aufnahme der Merkmale dieses Beispiels würde den Schutzumfang des Patents im Vergleich zur aufrechterhaltenen Fassung weiter einschränken und gleichzeitig den unzulässigen Disclaimer überflüssig machen. Somit wäre der Mangel des zu breiten Disclaimers behoben.