2. Einleitung eines Befangenheitsverfahrens und weitere Verfahrensfragen
In R 2/14 vom 17. Februar 2015 date: 2015-02-17 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass Ausschlussgründen nach Art. 24 (1) EPÜ von Amts wegen nachzugehen ist und dass sie von jedermann – den Beteiligten, der Kammer oder einem Dritten – geltend gemacht werden können. Darüber hinaus können nach Art. 24 (3) EPÜ die Mitglieder der Beschwerdekammern oder der Großen Beschwerdekammer von jedem Beteiligten wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
In G 2/08 vom 15. Juni 2009 date: 2009-06-15 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit den Verfahrensbeteiligten vorbehalten ist. Nach Art. 4 (1) VOGBK ist das Verfahren nach Art. 24 (4) EPÜ allerdings auch anzuwenden, wenn die Große Beschwerdekammer von einem möglichen Ausschließungsgrund auf andere Weise als von dem Mitglied oder einem Beteiligten Kenntnis erhält (s. auch Art. 3 (1) VOBK 2020). Bei der Auslegung der Bedeutung des Begriffs "möglicher Ausschließungsgrund" ist der grundlegenden Unterscheidung Rechnung zu tragen zwischen a) Gründen, die nach Art. 24 (1) EPÜ von Amts wegen zu berücksichtigen sind, und b) der Besorgnis der Befangenheit, deren Geltendmachung den Beteiligten vorbehalten ist.
Die Große Beschwerdekammer stellte fest, dass es angebracht sein kann, Beanstandungen nicht weiter nachzugehen, wenn der angebliche Ausschlussgrund, von dem die Kammer auf andere Weise als von einem Verfahrensbeteiligten oder der Großen Beschwerdekammer selbst Kenntnis erhält, einen Verfahrensmissbrauch darstellt. Dies wäre dann der Fall, wenn die Beanstandung völlig unsubstantiiert ist, die ständige Rechtsprechung außer Acht lässt oder böswillig erfolgt ist, um den Ruf eines Kammermitglieds zu beschädigen oder das Verfahren zu verschleppen, wobei diese Auflistung nicht erschöpfend ist.