3.3. Rechtliches Gehör
In R 6/12 befand die Große Beschwerdekammer bezüglich des Vorwurfs des Antragstellers dessen Behauptung für nicht fundiert, er sei überrascht gewesen, dass die Beschwerdekammer (in der Sache T 928/10) nicht die Vernehmung von Zeugen (Sachverständigen) angeordnet habe. Der Beteiligte hätte sich aktiv am Verfahren beteiligen können und müssen; es sei seine Aufgabe, die Kammer insbesondere bei den Beratungen auf die Notwendigkeit hinzuweisen, zur Ergänzung seiner Argumentation eine solche Vernehmung anzuordnen. Der Vorwurf des Antragstellers, ihm sei kein rechtliches Gehör gegeben worden, sei nicht erwiesen. Die Beschwerdekammer ist nicht verpflichtet, sich mit jedem einzelnen Argument des Antragstellers zu befassen. Bereits in der Sache R 21/09, wo sie – unter dem Vorwand einer Verletzung des rechtlichen Gehörs – de facto ersucht wurde, eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung vorzunehmen, hatte die Große Beschwerdekammer erklärt, dass damit der Handlungsrahmen einer Überprüfung eindeutig überschritten wird, denn die Auswahl aus den vorgelegten Beweismitteln und die Beurteilung ihrer Beweiskraft unterliegt dem freien Ermessen der Beschwerdekammer. S. auch T 361/00, wo die Kammer entschied, dass kein wesentlicher Verfahrensfehler seitens der Einspruchsabteilung vorlag, weil diese – laut Niederschrift – das (angebliche) Beweisangebot wegen des Fehlens eines Antrags auf Zeugenvernehmung abgelehnt hatte.
In T 1028/11 hatte der Beschwerdeführer vorgetragen, dass die Einspruchsabteilung das rechtliche Gehör verletzt und somit einen Verfahrensfehler begangen habe, indem sie den angebotenen Zeugen nicht vernommen habe. Die Kammer war der Ansicht, dass Zeugen dazu dienen, die Tatsachen, zu denen sie vernommen werden, zu erhärten, nicht aber Lücken in den vom Beteiligten geltend gemachten Tatsachen zu füllen. Eine Partei müsse daher die rechtserheblichen Tatsachen angeben, die durch die Zeugenvernehmung bewiesen werden sollen. Aus Sicht der Einspruchsabteilung stellte die offenkundige Vorbenutzung aufgrund der vorliegenden Beweismittel die Patentfähigkeit nicht in Frage. Die Kammer stellte fest, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen Zweck erfüllt hätte, den Zeugen zu vernehmen (zitiert in T 444/09). Siehe auch oben Kapitel III.G.2.4.1a) "Rolle der Zeugen und Formulierung des Antrags".