1.2. Prüfungsantrag (Regel 70 EPÜ)
Wird der Prüfungsantrag gestellt, bevor dem Anmelder der europäische Recherchenbericht übermittelt worden ist, so fordert das Amt den Anmelder gemäß R. 70 (2) EPÜ (früher Art. 96 (1) EPÜ 1973) auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Anmeldung aufrechterhält, und gibt ihm Gelegenheit, zu dem Recherchenbericht Stellung zu nehmen und gegebenenfalls die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen zu ändern.
Gemäß J 8/83 (ABl. 1985, 102) hat der Anmelder Anspruch auf die in R. 70 (2) EPÜ vorgesehene Aufforderung, wenn ein ergänzender europäischer Recherchenbericht zu einer Euro-PCT-Anmeldung erstellt werden muss (s. Richtlinien E‑IX, 2.5.3 – Stand März 2022).
In J 8/83 (ABl. 1985, 102) und J 9/83 stellte die Juristische Kammer fest, dass der Anmelder Anspruch auf die Aufforderungen nach Art. 96 (1) EPÜ 1973 und R. 51 (1) EPÜ 1973 (jetzt R. 70 (2) EPÜ) hat, wenn für eine internationale Anmeldung, die als europäische Anmeldung gilt, ein zusätzlicher europäischer Recherchenbericht erstellt werden muss. Da bei einer solchen internationalen Anmeldung die Zuständigkeit für die Prüfung der Anmeldung erst dann auf die Prüfungsabteilung übergeht, wenn der Anmelder nach Art. 96 (1) EPÜ 1973 erklärt hat, dass er die europäische Patentanmeldung aufrechterhält, kann er die Rückerstattung der Prüfungsgebühr verlangen, wenn er auf die Aufforderung nach Art. 96 (1) EPÜ 1973 hin seine Anmeldung zurücknimmt oder verfallen lässt.
Die Juristische Kammer wies darauf hin, dass Art. 96 (1) EPÜ 1973 und R. 51 (1) EPÜ 1973 die Anmelder dazu ermutigen, ihre Anmeldungen vor Beginn der Sachprüfung anhand des europäischen Recherchenberichts kritisch und realistisch zu überprüfen. Die dem Anmelder vom EPA eingeräumte Möglichkeit, die nicht unbeträchtliche Prüfungsgebühr zurückzuerhalten, wenn er die Anmeldung in diesem Stadium zurücknimmt oder verfallen lässt, bietet einen zusätzlichen Anreiz zur Zurücknahme von Anmeldungen, die nicht aussichtsreich erscheinen.