2.2.2 Prüfung eines Einwandes nach Artikel 53 a) EPÜ
Die Erfindung in T 1213/05 betraf das aus dem Genom isolierte menschliche BRCA1-Gen, mutierte Formen dieses Gens und seine Verwendung zur Diagnostizierung einer Prädisposition für Brust- und Eierstockkrebs. Nach Auffassung des Beschwerdeführers II bedeutete das Fehlen von Beweisen dafür, dass die Zellspender nach Inkenntnissetzung vorab in die kommerzielle Verwertung der Forschungsergebnisse durch Patente eingewilligt hätten oder ein Vorteilsausgleich vereinbart worden sei, dass die ursprüngliche Erlangung dieser Forschungsergebnisse ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten gemäß Art. 53 a) EPÜ war.
Die Kammer folgte dem Argument des Beschwerdeführers II nicht. Das EPÜ enthalte keine Vorschrift, die vom Anmelder die Vorlage von Beweisen für eine vorherige Zustimmung der Spender der Zellen nach Inkenntnissetzung oder einen Vorteilsausgleich verlange. Dass der Gesetzgeber kein entsprechendes Verfahren zur Überprüfung der Zustimmung vorgesehen habe folgerte auch aus der Richtlinie 98/44/EG, die für die Auslegung ergänzend heranzuziehen sei (R. 23b (1) EPÜ 1973, R. 26(1) EPÜ).
Die Kammer verwies außerdem auf das EuGH-Urteil Nr. C-377/98 zur Klage des Königreichs der Niederlande auf Nichtigerklärung der Richtlinie, in dem der Gerichtshof den Klagegrund zurückgewiesen hatte, wonach das Selbstbestimmungsrecht bedroht sei, weil es keine Bestimmung gebe, die die Prüfung der Zustimmung des Spenders oder des Empfängers von auf biotechnologischem Wege gewonnenen Erzeugnissen verlange. Die Richtlinie befasse sich nur mit der Erteilung von Patenten, und ihr Anwendungsbereich erstrecke sich daher nicht auf Vorgänge vor und nach dieser Erteilung – sei es die Forschung oder die Verwendung der patentierten Erzeugnisse.