5.4. Kriterien für die Zulässigkeit von Änderungen nach Regel 137 (5) EPÜ
In T 2431/19 entschied die Kammer, dass R. 137 (5) EPÜ ein zwingendes Erfordernis vorsieht, das geänderte Ansprüche erfüllen müssen, damit sie zulässig sind. R. 137 (5) EPÜ bezieht sich nicht auf das Vornehmen einer Änderung, sondern auf die geänderten Ansprüche als solche. Genauer gesagt, kommt in den Formulierungen "Geänderte Patentansprüche dürfen sich nicht […]" und "Sie dürfen sich auch nicht […]" der R. 137 (5) EPÜ ein zwingendes materiellrechtliches Erfordernis – in Form eines Verbots – zum Ausdruck, das geänderte Ansprüche erfüllen müssen, um zulässig zu sein. Dieses Erfordernis lässt keinen Raum für ein Ermessen des Entscheidungsorgans. Dementsprechend ist in R. 137 (5) EPÜ – anders als in R. 137 (3) EPÜ – eine Zustimmung der Prüfungsabteilung nicht erwähnt. Nach Auffassung der Kammer bezieht sich R. 137 (5) EPÜ also nicht auf einen verfahrensrechtlichen, sondern auf einen materiellrechtlichen Aspekt, legt sie doch materiellrechtliche Erfordernisse fest, deren Nichterfüllung zur Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung nach Art. 97 (2) EPÜ führt (s. auch T 1126/11). R. 137 (5) EPÜ bietet jedoch keine separate, von R. 137 (3) EPÜ unabhängige Rechtsgrundlage für eine Ermessensentscheidung über die Zulassung geänderter Ansprüche. Im vorliegenden Fall stellte daher die Nichtzulassung eines geänderten Anspruchssatzes auf der alleinigen Grundlage von R. 137 (5) EPÜ einen wesentlichen Verfahrensmangel R. 103 (1) a) EPÜ dar.
In T 1866/15 pflichtete die Kammer der Feststellung in T 2431/19 bei, wonach eine gegen R. 137 (5) EPÜ verstoßende Änderung schon wegen dieses Verstoßes allein nicht zulässig ist und es nicht mehr im Ermessen der Prüfungsabteilung liegt, sie nach R. 137 (3) EPÜ zuzulassen.