3.2. Rechtsbehelfe nach dem PCT, die das EPA als Bestimmungsamt anwendet
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
Sowohl der PCT (R. 49ter.2 PCT) als auch das EPÜ (Art. 122 und R. 136 EPÜ) haben für Anmelder, die die Prioritätsfrist versäumt haben, die Möglichkeit geschaffen, die Wiederherstellung der Priorität bzw. die Wiedereinsetzung in die Priorität zu beantragen, und tragen damit Art. 13 (2) des Patentrechtsvertrags (PLT) sowie R. 14 (4) und (5) der Ausführungsordnung zum PLT Rechnung.
Die Juristische Beschwerdekammer befand in J 13/16, dass das in R. 49ter.2 PCT vorgesehene Rechtsmittel unmittelbar auf Euro-PCT-Anmeldungen in Verfahren vor dem EPA als Bestimmungsamt anwendbar ist. Die Wiederherstellung eines Prioritätsrechts durch das Anmeldeamt nach dem Kriterium der "Unabsichtlichkeit" (R. 26bis.3 a) ii) PCT) ist im Verfahren vor dem EPA als Bestimmungsamt nicht wirksam, da das EPA nur das Kriterium der "gebotenen Sorgfalt" (R. 49ter.1 b) PCT) anwendet. In diesem Fall muss der Anmelder innerhalb der Frist nach R. 49ter.2 b) i) PCT beim EPA als Bestimmungsamt einen (neuen) Antrag auf Wiederherstellung des Prioritätsrechts nach R. 49ter.2 PCT stellen. Der beim Anmeldeamt eingereichte Antrag gemäß R. 26bis.3 b) PCT kann nicht im Verfahren vor dem EPA als Bestimmungsamt für die Zwecke der R. 49ter.2 PCT berücksichtigt werden. Siehe auch J 17/16, J 10/17, J 8/18, J 1/19, J 8/21 und J 14/21.
Ein Antrag auf Wiederherstellung gemäß R. 49ter.2 PCT gilt als nicht gestellt, wenn die entsprechende Gebühr nicht fristgerecht entrichtet wurde (J 8/18, J 1/19).
In J 14/21 verwies die Juristische Beschwerdekammer auf eine "Einigung" der Versammlung der PCT-Union (s. PCT/A/34/6, Anhang IV, Nr. 8), wo es hieß: "… wenn … das Bestimmungsamt den Anmelder … gemäß R. 49.6 bzw. 76.5 ii) in seine Rechte wieder einsetzt, diese Wiedereinsetzung für … die Frist nach R. 49ter.2 b) i) gilt". Diese "Einigung" der PCT-Versammlung ist nach Auffassung der Juristischen Beschwerdekammer bei der Auslegung der R. 49ter.2 b) i) PCT zu berücksichtigen, weil sie – als Akt der authentischen Interpretation (Art. 31 Wiener Abkommen) – die Absicht des PCT-Gesetzgebers zum Ausdruck bringt. Die Kammer entschied, dass im vorliegenden Fall der Antrag auf Wiederherstellung des Prioritätsrechts durch das Bestimmungsamt, der am selben Tag wie der fristgerechte Antrag auf Weiterbehandlung in Bezug auf die 31-Monatsfrist nach R. 159 (1) EPÜ gestellt worden war, fristgerecht war. Die Frist für die Wiederherstellung des Prioritätsrechts vor dem Bestimmungsamt sei zudem von der Weiterbehandlung und Wiedereinsetzung ausgenommen, denn ein Antrag auf Wiederherstellung eines Rechts gemäß R. 49ter.2 PCT sei äquivalent und in seiner Rechtsnatur identisch mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach dem EPÜ (J 13/16, J 8/18; s. auch Kapitel VI.3.2.1).
Entsprechend seiner Praxis nach Art. 122 EPÜ wendet das EPA im Rahmen der R. 49ter.2 a) PCT das Kriterium der "gebotenen Sorgfalt" an (jüngere diesbezügliche Entscheidungen sind J 8/21 und J 14/21). Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern gilt die gebotene Sorgfalt als beachtet, wenn das Fristversäumnis entweder durch außerordentliche Umstände oder durch ein einmaliges Versehen in einem sonst gut funktionierenden Fristenüberwachungssystem verursacht worden ist. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung liegt beim Antragsteller (s. Kapitel III.E.5.2).