2.2.8 Angabe von Tatsachen und Beweismitteln und Argumenten – Substanziierung der Einspruchsgründe
In T 1279/05 befand die Kammer, dass keine absolute Notwendigkeit besteht, sämtliche Merkmale des angegriffenen Patentanspruchs zu behandeln, solange sich der Einspruchsschriftsatz mit dem wesentlichen Gehalt der im angegriffenen Anspruch definierten Erfindung auseinandersetzt (vgl. T 134/88 und T 1097/98). Siehe auch T 114/07.
In T 534/98 stellte die Kammer fest, dass der Nachweis allgemeinen Fachwissens für die Substanziierung eines Einspruchs nicht erforderlich ist. Nach bisheriger herrschender Rechtsprechung ist ein Nachweis für die Behauptung, dass etwas zum allgemeinen Fachwissen gehört, nur erforderlich, wenn dies von einem anderen Beteiligten oder vom EPA in Zweifel gezogen wird.
In T 1074/05 war die Argumentation in der Einspruchsschrift knapp verfasst und enthielt keine Angaben von relevanten Textstellen in der Entgegenhaltung D5. Die Kammer hielt jedoch diese Angaben im vorliegenden Fall nicht für notwendig, da D5 ein kurzes Dokument war, das ein technisch einfaches Kommunikationssystem auf einer ähnlichen Abstraktionsstufe wie das Streitpatent offenbarte.
Auch in T 1014/09 befand die Kammer unter Berücksichtigung des in der Einspruchsschrift angegebenen Sachverhalts und der zugehörigen rechtlichen Würdigung, dass der in der Einspruchsschrift enthaltene pauschale Verweis auf die ursprüngliche Offenbarung als ausreichende Angabe im Sinne der R. 55 c) EPÜ 1973 (R. 76 (2) c) EPÜ) angesehen werden kann.
Zur Frage der Zulässigkeit eines nur auf eine nachveröffentlichte Druckschrift gestützten Einspruchs wurde in T 185/88 (ABl. 1990, 451) von der Beschwerdekammer entschieden, dass eine formgerechte Einspruchsbegründung vorliegt, wenn die einzige als Beleg für das ausschließlich behauptete Fehlen erfinderischer Tätigkeit zitierte Entgegenhaltung (deutsche Patentschrift) zwar nach dem Anmeldetag bzw. Prioritätstag veröffentlicht worden ist, jedoch einen Hinweis auf die vor dem Anmeldetag bzw. Prioritätstag bekannt gewordene Veröffentlichung ("Offenlegungsschrift") enthält. S. auch T 205/08.
In T 864/04 musste die Kammer prüfen, ob die ausdrückliche Erwähnung von D1a in der Einspruchsschrift in Zusammenhang mit D1 durch die Angabe "(inter alia ausgeschieden aus US-PS Nr. 5,290,583)" hinreichend genau war, um es dem Patentinhaber zu ermöglichen, den Tag der Veröffentlichung des Dokuments zu ermitteln. Nach Auffassung der Kammer war das in der Tat der Fall, weil es keinen unzumutbaren Aufwand erfordert hätte, das Veröffentlichungsdatum von D1a zu ermitteln.
In T 623/18 warnte die Kammer vor einem zu strengen Ansatz. Sie betonte den Zweck der Erklärung nach R. 76 (1) EPÜ und R. 76 ((2) c) EPÜ wie in G 9/91 und G 10/91 (ABl. 1993, 408 und 420) erläutert, nämlich zum einen das Ausmaß und den Umfang des Einspruchs sowie den rechtlichen und faktischen Rahmen zu definieren, innerhalb dessen die materiellrechtliche Prüfung des Einspruchs grundsätzlich durchzuführen ist, und zum anderen dem Patentinhaber eine gute Gelegenheit zu bieten, seine Lage schon in einer frühen Verfahrensphase beurteilen zu können. Die Kammer sah keine Grundlage dafür, die Zulässigkeit des Einspruchs von der Bewertung sachlicher Fragen abhängig zu machen, und zwar insbesondere der Frage, ob ein Einwand lediglich mangelnde Klarheit betrifft oder den Einspruchsgrund nach Art. 100 b) EPÜ stützt. Eine Frage der Sachprüfung sei ferner auch die Definition des Fachmanns, für den die Erfindung gemäß Art. 100 b) EPÜ ausreichend deutlich und vollständig beschrieben sein muss und in Bezug auf den nach Art. 100 a) EPÜ in Verbindung mit Art. 56 EPÜ beurteilt werden muss, ob sie vom Stand der Technik nahegelegt wird.