2.6.3 Inhalt der Beschwerdebegründung
Nach Art. 12 (3) VOBK 2020 müssen die Beschwerdebegründung und die Erwiderung das vollständige Beschwerdevorbringen eines Beteiligten enthalten. S. auch unter Kapitel V.A.3.2.2 "Vollständiges Beschwerdevorbringen der Beteiligten".
In T 2884/18 wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen. Die Kammer erachtete es für nicht ausreichend, dass die Beschwerdebegründung sich im Wesentlichen nur mit der Feststellung der Einspruchsabteilung auseinandersetzte, wonach die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht ausreichend bewiesen ist. Fehlende Neuheit gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung wurde nicht im gebotenen Umfang substanziiert. Die Kammer erklärte, dass ein vollständiger Sachvortrag, wie ihn Art. 108 EPÜ und Art. 12 VOBK 2020 verlangen, bei kumulativ aufeinander aufbauenden Argumentationslinien die Darlegung sämtlicher Tatsachen erfordert, die erst gemeinsam das behauptete rechtliche Ergebnis tragen. Es kann insoweit spiegelbildlich nichts anderes gelten als beim Vorgehen gegen eine Entscheidung, die mehrere alternative Gründe aufzählt, warum ein Patent nicht erteilbar bzw. bestandsfähig ist. Hier ist es in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern anerkannt, dass eine Beschwerdeschrift nur ausreichend substanziiert ist, wenn sie sich mit allen Gründen, die der Patentfähigkeit entgegenstehen, befasst. Erst dann ist dargelegt, dass die Entscheidung aufgehoben werden sollte, vgl. T 922/05. Gleiches muss umgekehrt gelten, wenn mehrere Gründe nur kumulativ die Patentfähigkeit eines aufrecht erhaltenen Patents in Frage stellen, wie hier Zugehörigkeit einer Vorbenutzung zum Stand der Technik und Vorwegnahme der Erfindung durch die Vorbenutzung. Wird von mehreren kumulativ zur Änderung der Entscheidung darzulegenden Tatsachen nur eine ausreichend substanziiert, ist die Beschwerde unzulässig.