2.4.1 Zeugenaussagen
Nach R. 120 EPÜ kann ein vor das EPA geladener Beteiligter, Zeuge oder Sachverständiger beantragen, dass er vor einem zuständigen Gericht in seinem Wohnsitzstaat vernommen wird (Beispiel T 582/90; Gegenbeispiel T 827/99, Zeugenvernehmung durch das zuständige nationale Gericht nicht erforderlich).
In T 1043/93 war am Tag der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eine notariell beglaubigte Erklärung italienischer Zeugen vorgelegt worden, die ordnungsgemäß geladen, aber ferngeblieben waren; das Fernbleiben der Zeugen wurde mit ihrem Alter entschuldigt. Die Kammer stellte fest, dass das Alter der Zeugen dem Beteiligten bereits bekannt war und dass die Zeugen nicht beantragt hatten, durch das zuständige Gericht ihres Wohnsitzstaats vernommen zu werden (R. 72 (2) c) EPÜ 1973, jetzt R. 118 (2) d) EPÜ).
Im Fall T 1551/14, war die Frage der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der ein Angestellter der Beschwerdeführerin war, entscheidend, da die vom Zeugen in einer eidestattlichen Erklärung genannten Punkte zum neuen Hilfsantrag für dessen Patentfähigkeit von ausschlaggebender Bedeutung waren und bisher nur durch diese eidesstattliche Erklärung gestützt wurden. Diese Frage liess sich aus Sicht der Kammer nur durch eine erneute Einvernahme des Zeugen klären, ggf. unter Eid vor einem nationalen Gericht (R. 119 und 120 (2) EPÜ). Der Fall wurde zurückverwiesen mit der Auflage, die Beweisaufnahme mit dem betreffenden Zeugen fortzusetzen.
Art. 131 (2) EPÜ stellt die Grundlage für Beweisaufnahmen durch nationale Gerichte oder Behörden der Vertragsstaaten dar (s. auch R. 118 (2) d) EPÜ, R. 120 EPÜ, R. 150 EPÜ und Richtlinien E‑IV, 3 – Stand März 2022).
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”