3.4. Geheimhaltungsverpflichtung
In T 739/92 war die Erfindung auf einer Tagung mündlich beschrieben worden. Es stellte sich nun die Frage, ob die Konferenzteilnehmer zur Geheimhaltung verpflichtet und von daher nicht als Mitglieder der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 54 (2) EPÜ 1973 anzusehen waren. Aus der Teilnehmerliste ging hervor, dass die Teilnahme an der Tagung allen Fachleuten auf dem betreffenden Gebiet offenstand. Es war den Teilnehmern nicht untersagt, die ihnen auf der Tagung mündlich übermittelten Informationen weiterzugeben oder zu veröffentlichen, sofern sie sich dabei nicht auf die Tagung beriefen. Hingegen war es ihnen nicht erlaubt, die Referate auf Tonband aufzuzeichnen oder die gezeigten Dias zu fotografieren. Nach Auffassung der Kammer waren die Konferenzteilnehmer unter diesen Umständen als Mitglieder der Öffentlichkeit anzusehen, da sie nicht durch eine Geheimhaltungsvereinbarung gebunden waren. Im Gegensatz zum der Entscheidung T 300/86 zugrunde liegenden Sachverhalt waren die Konferenzteilnehmer weder Lizenznehmer der Veranstalter, noch war es ihnen vertraglich allgemein untersagt, die erhaltenen Informationen an Dritte weiterzugeben.
In T 838/97 wurde die Erfindung auf einer Tagung mündlich beschrieben, an der ca. 100 der bekanntesten Experten auf dem jeweiligen technischen Fachgebiet einschließlich potenzieller Wettbewerber teilnahmen. Die Teilnehmer waren ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass während der Tagung erworbene Kenntnisse ohne ausdrückliche Genehmigung des Autors nicht benutzt werden durften. Die Kammer war der Auffassung, dass die Teilnehmer dadurch zur Geheimhaltung verpflichtet waren und dass die Erfindung daher nicht zum Stand der Technik gehörte.