4.2.2 Zeugenaussagen und schriftliche Erklärungen
In T 361/00 befand die Kammer bezüglich der beiden Erklärungen E1 und D10 (Besuche eines Zementwerks), ohne den guten Willen ihres Verfassers infrage zu stellen, dass diese widersprüchlich sind und der Einsprechende die Widersprüche in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen konnte. Sie entschied, dass der Einsprechende (Beschwerdeführer) keine überzeugenden Nachweise für die angebliche Vorbenutzung vorgelegt hatte. Schließlich befand die Kammer unter Angabe von Gründen, dass die Vernehmung des Zeugen nicht zweckmäßig war (bzgl. widersprüchlicher Erklärungen s. auch T 833/99 und T 832/13, ernsthafte Zweifel aufgrund des allgemeinen Charakter der Erklärung).
In T 1266/16 stellte die Kammer fest, dass die beiden Erklärungen zwar wortgleich waren, aber keine konkreten Einzelheiten zu den Händlern enthielten, auf die sie sich bezogen, und erst recht keine Daten zu durchgeführten Käufen oder Analysen. Als solche konnten diese Erklärungen, die nicht durch andere Beweismittel erhärtet wurden, nicht als Beweis für das Vorbringen des Beschwerdeführers betrachtet werden.
Im Fall T 1914/08 erachtete die Kammer die Aussagen der beiden Zeugen als die entscheidenden Beweismittel, so wie schon die Einspruchsabteilung, durch die die behauptete offenkundige Vorbenutzung lückenlos nachgewiesen worden war. Beide Zeugenaussagen ergaben jede für sich betrachtet im Hinblick auf das nachzuweisende Verfahren ein konsistentes und vollständiges Bild.
In T 1293/13 hatte der Patentinhaber zur Widerlegung eines Mangels in der Beschreibung, der darin bestand, dass auf eine nicht mehr existente Maschine Bezug genommen wurde, eine Bescheinigung des Direktors des Herstellers dieser Maschinen vorgelegt, wonach die Ergebnisse unabhängig von der betrachteten Maschine dieselben wären. Die Kammer hielt diese Bescheinigung nicht für überzeugend, weil sie sich auf keinerlei überprüfbare Daten stützte.
In T 453/02 befand die Kammer in Bezug auf eine angebliche Vorbenutzung entgegen den Behauptungen des Beschwerdegegners (Patentinhabers) die drei abgegebenen Erklärungen für inhaltlich übereinstimmend und überzeugend. Darüber hinaus sei die Unparteilichkeit der ersten Erklärung nicht in Zweifel zu ziehen, weil diese vom Patentinhaber selbst stamme. Im Übrigen konnte der Beschwerdegegner nicht glaubhaft machen, dass die angebliche öffentliche Vorbenutzung ausschließlich auf Zeugenaussagen beruhe, die nach dem Anmeldetag des strittigen europäischen Patents abgegeben wurden. Diese Aussagen wurden im vorliegenden Fall durch andere Beweismittel erhärtet (datierter Originalmessekatalog).
In T 1043/93 enthielten die Aussagen der Zeugen (die nicht die von der Kammer angeforderten Dokumente mitbrachten) unklare Antworten und Unstimmigkeiten und widersprachen einander, sodass die Kammer die angebliche öffentliche Vorbenutzung nicht für erwiesen erachtete und nicht dem Stand der Technik zurechnete (Art. 54 (2) EPÜ).
In T 100/97 führte die Kammer aus, ohne die Gutgläubigkeit der eingereichten Erklärung in Zweifel zu ziehen, dass Dokumente auf ein sicheres Datum gestützt werden müssen, damit dem Inhalt der Erklärungen ausreichend Glauben geschenkt werden kann. In Anbetracht der sehr späten Vorlage der Beweismittel und in Ermangelung anderer Dokumente mit sicherem Datum konnte somit nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, was vor dem Prioritätstag des angefochtenen Patents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war.
In T 2546/17 ließen die im Lichte von D11 widersprüchlichen Angaben in den Dokumenten D7 und D9 (Internet-Veröffentlichungen) nach Auffassung der Kammer generelle Zweifel an der Verlässlichkeit von D11 aufkommen (einer E-Mail, die neun Jahre nach dem jüngsten in D7 genannten Datum von einer in D7 nicht genannten Person (Bibliothekarin) verfasst worden war). D7 gehörte nicht zum einschlägigen Stand der Technik.
Die Kammer in T 473/93 entschied, dass die Vermutung des Beschwerdeführers, er habe sich bei der Abgabe seiner eidesstattlichen Versicherung geirrt, nicht ausreicht, um mündlich vorgetragene, davon abweichende Tatsachen glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Die mündlich behauptete Tatsache musste daher als nicht bewiesen gelten.
Einem nicht unterschriebenen Vermerk einer unbekannten, namentlich nicht genannten Person sollte grundsätzlich nur eine sehr geringe Beweiskraft beigemessen werden (T 750/94, ABl. 1998, 32; T 1818/12). In T 212/97 konnte die Kammer Tatsachenangaben, die auf Hörensagen beruhten und nicht durch Zeugenaussagen belegt waren, nicht als angemessenen Beweis für die angeblichen Vorbenutzungen gelten lassen.
In T 939/14 warf der Patentinhaber der Einspruchsabteilung vor, nur einen einzigen Zeugen gehört zu haben. Auf seinen Einwand eingehend, dass der Entscheidung T 1210/05 zufolge eine einzige Zeugenaussage – wie hier – nicht ausreiche, um die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen, erklärte die Kammer, dass ein derartiger allgemeiner Grundsatz dieser Entscheidung nicht entnommen werden kann. Gleiches gilt im Übrigen für die Rechtsprechung der Beschwerdekammern allgemein. S. oben T 2165/18.