D. Beschränkung/Widerruf
Mit Inkrafttreten des EPÜ 2000 wurde Art. 105a EPÜ eingeführt, wonach das europäische Patent auf Antrag des Patentinhabers widerrufen oder beschränkt werden kann. Die Beschränkung kann durch Änderung der Patentansprüche erfolgen. Eine erfolgreiche Beschränkung oder ein erfolgreicher Widerruf hat zur Folge, dass das Patent als von Anfang an und mit Wirkung für alle Vertragsstaaten, für die es erteilt worden ist, beschränkt oder widerrufen gilt (Art. 68 EPÜ). Die Beschränkungs- oder Widerrufsentscheidung wird an dem Tag wirksam, an dem der Hinweis auf diese Entscheidung im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht wird (Art. 105b (3) EPÜ, T 646/08, T 2177/12). Der Charakter dieses – einseitigen – Verfahrens ist irgendwo zwischen dem Prüfungs- und dem Einspruchsverfahren einzuordnen (G 3/14, ABl. 2015, A102).
Der Antrag auf Beschränkung/Widerruf unterliegt keiner Frist. Voraussetzung ist jedoch, dass in Bezug auf das Patent kein Einspruchsverfahren (einschließlich Einspruchsbeschwerdeverfahren) anhängig ist (Art. 105a (2) EPÜ). Andernfalls gilt der Antrag als nicht eingereicht (R. 93 (1) EPÜ). Ist zum Zeitpunkt der Einlegung eines Einspruchs ein Beschränkungsverfahren anhängig, so wird das Beschränkungsverfahren eingestellt (R. 93 (2) EPÜ). Möchte ein Patentinhaber sein Patent während eines Einspruchsverfahrens widerrufen, so ist dies zwar möglich, aber nicht nach dem Verfahren gemäß Art. 105a - 105c EPÜ (s. dieses Kapitel IV.D.2.). Will er sein Patent beschränken, kann er dies tun, indem er es im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren ändert.
Über die Gewährung von Anträgen auf Beschränkung oder Widerruf nach Art. 105a EPÜ entscheidet die Prüfungsabteilung (R. 91 EPÜ). Ist der Antrag zulässig, so prüft die Prüfungsabteilung, ob die geänderten Patentansprüche gegenüber den Ansprüchen des europäischen Patents in der erteilten oder geänderten Fassung eine Beschränkung darstellen und ob sie den Art. 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ genügen (R. 95 (2) EPÜ; s. T 2830/18). Eine Prüfung der Ansprüche im Hinblick auf Art. 52 - 57 EPÜ ist nicht vorgesehen. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung kann vor den Technischen Beschwerdekammern angefochten werden. Bisher gibt es keine Entscheidung der Beschwerdekammern, die eine Beschwerde gegen eine solche Entscheidung der Prüfungsabteilung betrifft (Stand: 31. März 2019).
In T 2830/18 waren die einzigen Ansprüche, die gegenüber dem erteilten Patent geändert wurden, die Ansprüche 8 und 9, sodass nur diese zu prüfen waren.