4.3.6 Im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassenes Vorbringen – fehlerhafte Ermessensausübung – Artikel 12 (6) Satz 1 VOBK 2020
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In T 847/20 wurden mit der Beschwerdebegründung die Hilfsanträge 3 und 4 eingereicht, die während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsanträgen entsprachen. Die betreffenden Anträge waren im Einspruchsverfahren nicht zugelassen worden, weil sie spät eingereicht worden waren und nicht die Bedingungen von Art. 123 (2) EPÜ erfüllten. Allerdings stellte die Kammer fest, dass die Einspruchsabteilung keine Prima-facie-Beurteilung durchgeführt, sondern die Anträge in vollem Umfang geprüft hatte, bevor sie zu dem Schluss kam, dass sie nicht zugelassen werden konnten. Nach Ansicht der Kammer hatte die Einspruchsabteilung durch dieses Vorgehen die Anträge implizit zugelassen. Deshalb vertrat die Kammer den Standpunkt, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hatte, weil sie nach der impliziten Zulassung der Anträge keinen Ermessensspielraum mehr gehabt habe, sie nicht zuzulassen (T 2026/15, T 2324/14).