6. Vorbereitung der mündlichen Verhandlung
In T 1012/03 hatte der Anmelder nach seiner Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung in Den Haag beantragt, das Verfahren solle stattdessen in München durchgeführt werden. Die Kammer stellte fest, dass Art. 116 EPÜ 1973 nicht ausdrücklich vorschreibt, wo das mündliche Verfahren durchzuführen ist. Die Kammer wandte sich sodann der Frage zu, ob der Präsident über die Befugnis verfüge, Prüfungsabteilungen in Den Haag einzurichten, und gelangte zu dem Schluss, dass eine solche Befugnis in Art. 10 (1), (2) a) und b) EPÜ 1973 vorgesehen sei. Im Ergebnis stellte die Kammer fest, dass sich eine Rechtfertigung für die Durchführung der mündlichen Verhandlung in Den Haag vorliegend durch Art. 116 EPÜ 1973 in Verbindung mit Art. 10 (1), (2) a) und b) EPÜ 1973 ableiten lasse. S. auch T 689/05, T 933/10, T 1142/12.
Die Zurückweisung des Antrags des Anmelders, die mündliche Verhandlung statt in Den Haag in München abzuhalten, ist zu begründen, R. 111 (2) EPÜ, R. 68 (2) EPÜ 1973 (s. T 689/05, T 933/10).
In T 1142/12 war die Kammer der Ansicht, dass die praktischen Aspekte der Organisation von mündlichen Verhandlungen zu den Aufgaben der Leitung des EPA gehören; nach Art. 10 (2) EPÜ hat der Präsident des EPA die entsprechenden Befugnisse. Die Kammer befand, dass die Prüfungsabteilungen eindeutig nicht befugt sind, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen. Mit der Zurückweisung des Antrags, die mündliche Verhandlung nicht in Den Haag, sondern in München abzuhalten, traf die Prüfungsabteilung keine Entscheidung, sondern brachte nur zum Ausdruck, wie das EPA verwaltet wird. Aus diesem Grund war die Sache nicht beschwerdefähig, und die Kammer konnte der Großen Beschwerdekammer daher auch keine Frage zum Ort der mündlichen Verhandlung vorlegen. In R 13/14 stellte die Große Beschwerdekammer klar, dass der Wortlaut der Entscheidung T 1142/12 nicht bedeutet, dass die Kammer es abgelehnt hat, über diese Angelegenheit zu entscheiden; vielmehr hatte die Kammer implizit über den Antrag entschieden und ihn abgelehnt.
In G 2/19 (ABl. 2020, A87) entschied die Große Beschwerdekammer, dass mündliche Verhandlungen der Kammern an deren Standort in Haar nicht gegen die Art. 113 (1) und 116 (1) EPÜ verstoßen. Die Große Beschwerdekammer wies darauf hin, dass die Tatsache, dass die Kammern ihre rechtsprechende Tätigkeit zurzeit am Standort Haar ausüben, auf Organisationsakte zurückgeht, die die dazu berufenen Organe der EPO im Rahmen ihrer Zuständigkeiten beschlossen und vorgenommen hatten.