2.9. Abhilfe
In T 919/95 war der Beschwerdeführer der Auffassung, dass die Abhilfeentscheidung nur in einer Stattgabe bestehen kann. Eine "kassatorische Abhilfe", die lediglich die angefochtene Entscheidung beseitigt und das zunächst abgeschlossene Verfahren wiedereröffnet, sei mit dem EPÜ nicht zu vereinbaren. Eine Abhilfe müsse eine "reformatorische Abhilfe" sein, also dem Beschwerdeführer etwas gewähren, was ihm mit der angefochtenen Entscheidung abgeschlagen worden sei. Die Kammer erklärte, dass die Voraussetzungen des Art. 109 EPÜ 1973 erfüllt sind, wenn durch das zulässige Beschwerdevorbringen der Grund für die angefochtene Entscheidung entfallen ist, insofern als nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung entweder der Erlass der beantragten Entscheidung erfolgen kann oder das Verfahren fortzusetzen ist, da eine weitere Prüfung von neuen Gründen bzw. Tatsachen erforderlich wird. Im letzteren Fall ist eine spätere Zurückweisungsentscheidung nicht ausgeschlossen. Zweck der Abhilfe ist eine Beschleunigung des Verfahrens. Hebt die Prüfungsabteilung eine Entscheidung nach Art. 109 EPÜ 1973 auf, nur um ein Patent nach einem Hilfsantrag zu erteilen, obwohl der Anmelder auf seinem Hauptantrag besteht, so wird dadurch das Verfahren nicht beschleunigt, sondern sogar verzögert. Darin liegt daher ein wesentlicher Verfahrensmangel (s. auch T 142/96).
In J 5/08 führte die Kammer aus, dass die Abhilfe nach Art. 109 EPÜ 1973 gemäß der ständigen Praxis des EPA entweder eine "rein kassatorische" Aufhebung der Entscheidung oder eine "reformatorische" Abhilfe sein kann. In beiden Fällen wird unabhängig davon, ob dies ausdrücklich angeordnet wird, die angefochtene Entscheidung aufgehoben – im ersten Fall durch eine "kassatorische" Verfahrenshandlung, d. h. durch eine Mitteilung über die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens, und im zweiten Fall durch eine Abhilfeentscheidung, mit der die angefochtene Entscheidung unmittelbar revidiert wird.