2.7. Formlose Mitteilungen
In T 300/89 (ABl. 1991, 480) befand die Kammer im Zusammenhang mit der Rüge des Beschwerdeführers, der Prüfer sei seiner Bitte um Rückruf nicht nachgekommen, dass die einschlägige Praxis in Bezug auf formlose Rücksprachen in den Richtlinien klar dargelegt sei. Solche formlosen Rücksprachen und die diesbezügliche Praxis seien deutlich von dem durch Art. 96 (2) EPÜ 1973 und R. 51 EPÜ 1973 geregelten förmlichen Prüfungsverfahren zu unterscheiden. Der Prüfer müsse die in sein Ermessen gestellte Entscheidung über eine solche formlose Rücksprache nach Maßgabe der Richtlinien unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls treffen. Werde das Ermessen, wie im vorliegenden Fall, nicht im Sinne des Anmelders ausgeübt, so könne diese Entscheidung ihrem Wesen nach keinen Verfahrensmangel darstellen, weil das Verfahren für solche Rücksprachen insofern formlos sei, als es nicht durch das EPÜ 1973 geregelt werde und die darin vorgesehenen Verfahren lediglich ergänze. Dem Prüfer konnte jedenfalls nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er den Beschwerdeführer nicht zurückgerufen hatte.
In T 160/92 (ABl. 1995, 35) machte der Beschwerdeführer geltend, dass er in zwei Telefongesprächen mit dem beauftragten Prüfer zu der irrigen Annahme verleitet worden sei, dass vorerst keine Zurückweisung drohe, da der nächste Verfahrensschritt ein weiterer Bescheid sein werde. Die Kammer stellte fest, dass man sich in kritischen Situationen von telefonischen Rücksprachen nicht Zuviel versprechen sollte, da es leichter als im schriftlichen Verfahren zu Missverständnissen kommen könne. Aus gutem Grund sei das Verfahren vor dem EPA – von der mündlichen Verhandlung gemäß Art. 116 EPÜ 1973 einmal abgesehen – grundsätzlich als schriftliches Verfahren konzipiert. Außerdem sei der beauftragte Prüfer im Prüfungsverfahren (wie auch im Einspruchsverfahren) nur eines von drei Mitgliedern der Abteilung und seine persönlichen Aussage für diese bekanntlich nicht verbindlich. Darüber hinaus seien telefonische Rücksprachen im EPÜ nicht vorgesehen und insofern nicht Teil des formellen Verfahrens vor dem EPA. Für die Klärung der strittigen Frage, ob der Anmelder im Hinblick auf die Möglichkeit einer bevorstehenden Zurückweisung der Anmeldung irregeführt wurde, sei der verfahrensrechtlich relevante Inhalt der Akte maßgebend.
In T 1905/07 wies die Kammer darauf hin, dass das Vorbringen neuer Gründe in einem Telefongespräch nicht mit dem Vorbringen dieser Gründe in einer förmlichen mündlichen Verhandlung oder einem förmlichen schriftlichen Bescheid gleichgesetzt werden sollte. Zum einen ist die bloße mündliche Kommunikation am Telefon anfälliger für Missverständnisse. Zum anderen hat ein Beteiligter auch Anspruch auf rechtliches Gehör durch das Entscheidungsorgan, d. h. im vorliegenden Fall durch die Prüfungsabteilung. Ein Telefongespräch mit nur einem Prüfer dieser Abteilung stellt dieses Recht nicht in gleichem Maße sicher wie eine mündliche Verhandlung. Ob das Grundrecht eines Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt worden ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
In T 702/17 erklärte die Kammer, dass das EPÜ keine Grundlage für eine telefonische Durchführung der mündlichen Verhandlung mit einem Beteiligten bietet. Daher hatte die Prüfungsabteilung dem Erfinder zu Recht eine telefonische Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verweigert. Ungeachtet dessen waren dem Erfinder telefonische Ausführungen gestattet worden, die der Vertreter dann an die Prüfungsabteilung weitergab; laut Niederschrift hatte sich der Vertreter mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Nach Ansicht der Kammer lag also kein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt hätte.