2.6.3 Inhalt der Beschwerdebegründung
Laut der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern sind Beschwerden von Einsprechenden – im Gegensatz zu Beschwerden von Patentinhabern, bei denen alle der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehenden Einwände ausgeräumt werden müssen, – ausreichend begründet, wenn substanziiert dargelegt ist, dass die angefochtene Entscheidung bei einem einzigen der geltend gemachten Einspruchsgründe oder Einwände nicht zutreffend ist, da dann schon der Beschwerde stattgegeben werden müsste, wenn tatsächlich die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt nicht zutreffend war (T 767/14, s. auch T 950/99, T 846/01, T 87/17, T 456/17). Es ist daher für eine solche Beschwerde auch unerheblich, wenn der Vortrag zu anderen in der angefochtenen Entscheidung genannten Aspekten unzureichend ist. Eine lediglich zu Teilaspekten unzureichende Beschwerdebegründung steht der Zulässigkeit der Beschwerde des Einsprechenden nicht entgegen, da die Zulässigkeit der Beschwerde nur in ihrer Gesamtheit beurteilt werden kann (T 2270/17).
In T 950/99 wurden in der Beschwerdebegründung zumindest hinsichtlich eines Grunds, nämlich fehlender erfinderischer Tätigkeit, die rechtlichen und tatsächlichen Gründe genannt, aus denen die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei. Obgleich sie keine umfassende Begründung hinsichtlich jedes einzelnen Grundes enthielt, genügte die Beschwerdebegründung daher dennoch den Mindestanforderungen des Art. 108 EPÜ. In T 808/01 urteilte die Kammer, dass die Beschwerde zulässig ist, wenn bei Vorliegen mehrerer Argumentationslinien in der Beschwerdebegründung eine davon ausreichend begründet ist, auch wenn bei einer weiteren Argumentationslinie keine Begründung vorliegt, die zu einer zulässigen Beschwerde führen würde.
In T 846/01 stellte die Kammer fest, dass eine Beschwerde nur dann zulässig ist, wenn mindestens einer der Gründe in der schriftlichen Beschwerdebegründung sich auf eine Frage bezieht, die die Vorinstanz zuungunsten des Beschwerdeführers entschieden hat, und eine Entscheidung zu seinen Gunsten in dieser Frage zumindest vertretbar gewesen wäre und zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Im Anschluss an T 846/01 bestätigte die Kammer in T 1178/04, dass ein Teil einer erstinstanzlichen Entscheidung nicht beschwerdefähig ist, soweit das Ergebnis auch dann dasselbe gewesen wäre, wenn die betreffende Frage zugunsten des Beschwerdeführers entschieden worden wäre.
In T 1187/04 wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen, da der Beschwerdeführer nur auf die Neuheitseinwände, nicht aber auf die erfinderische Tätigkeit eingegangen war.
Dem Inhalt der Beschwerdebegründung im Falle T 257/03 war nur zu entnehmen, dass das Einspruchsverfahren von Anfang an neu aufgerollt werden soll, nicht aber aus welchen Gründen die Einspruchsentscheidung nach Auffassung des Beschwerdeführers aufgehoben werden sollte. Die Beschwerde wurde als unzulässig verworfen.
In T 1649/10 stellte die Kammer fest, dass die bloße Erklärung des Beschwerdeführers II (Patentinhabers), der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei erfinderisch, und zwar ausgehend von Dokument D4 als nächstliegendem Stand der Technik, während die Analyse in der angefochtenen Entscheidung auf einer Kombination von D 10 als nächstliegendem Stand der Technik und D 4 beruht hatte, nicht den Erfordernissen der R. 99 (2) EPÜ entsprach. Die Kammer konnte der Argumentation des Beschwerdeführers II, nicht entnehmen, warum die Begründung der Einspruchsabteilung, die sich auf D10 als nächstliegenden Stand der Technik stützte, zurückzuweisen sei. Aus diesem Grund wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers II als unzulässig verworfen. Damit wurde dieser Beschwerdeführer Verfahrensbeteiligter nach Art. 107 EPÜ.