1.8. Verallgemeinerungen
Unter Verweis auf T 416/86 (ABl. 1989, 309), T 265/88 und T 118/89 bestätigte die Kammer in T 284/94 (ABl. 1999, 464), dass eine Änderung, die ein offenbartes konkretes Merkmal entweder durch seine Funktion oder durch einen allgemeineren Begriff ersetze und somit nicht offenbarte Äquivalente in den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung einführe, nach Art. 123 (2) EPÜ 1973 unzulässig sei.
In T 685/90 stellte die Kammer fest, dass spezielle Äquivalente zu ausdrücklich offenbarten Merkmalen nicht automatisch zum Offenbarungsgehalt einer europäischen Patentanmeldung in der eingereichten Fassung gehörten, wenn dieser als Stand der Technik nach Art. 54 (3), (4) EPÜ 1973 gegen eine jüngere Anmeldung herangezogen werde. Ausgehend davon gelangte sie zu der Auffassung, dass diese Äquivalente auch nicht zum Offenbarungsgehalt einer europäischen Patentanmeldung gehörten, wenn dieser zur Feststellung der Zulässigkeit einer Änderung im Sinne von Art. 123 (2) EPÜ 1973 beurteilt werde. S. auch T 946/13 und T 2087/17, wo auf T 685/90 verwiesen und dieser Grundsatz im Kontext von Art. 87 (1) EPÜ angewandt wurde. Zum Verbot der Aufnahme von Äquivalenten s. auch T 673/89.
In T 40/97 stellte die Kammer fest, dass der Fachmann dann, wenn mehrere im Wesentlichen ähnliche Ausführungsarten mit äquivalenten Begriffen erörtert würden, unter normalen Umständen die Merkmale eines Elements einer Ausführungsart, das detailliert beschrieben werde, gedanklich auf das vergleichbare, weniger genau beschriebene Element einer anderen Ausführungsart übertrage, sofern es keinen gegenteiligen Hinweis gebe.
In T 653/03 wurde der ursprünglich in Anspruch 1 verwendete Begriff "Dieselmotor" durch den Begriff "Verbrennungsmotor" ersetzt. Die Kammer urteilte, dass sich die Behandlung von Abgasen in der ursprünglichen Anmeldung immer auf einen Dieselmotor bezog und dass der Fachmann daraus nicht ableiten konnte, dass der Gegenstand des erteilten Patents ein für jede Art von Verbrennungsmotor geeignetes Verfahren abdeckte. Die Verallgemeinerung war daher nicht zulässig.
In T 868/07 ließ die Kammer zu, dass ein nicht offenbartes Merkmal durch ein sowohl in der Stamm- als auch in der Teilanmeldung offenbartes allgemeineres Merkmal ersetzt wurde. Die Kammer führte aus, dass das allgemeine Merkmal im selben Kontext in der Beschreibung und in den Zeichnungen der Stammanmeldung in der eingereichten Fassung offenbart und Art. 76 (1) EPÜ daher erfüllt war. Da das allgemeinere Merkmal im selben Kontext in der Teilanmeldung in der eingereichten Fassung offenbart war, sah die Kammer auch keinen Grund für einen Einwand nach Art. 123 (2) EPÜ.
In T 2537/10 befand die Kammer, dass die Entscheidung T 416/86, der zufolge der Ersatz eines offenbarten speziellen Merkmals durch einen umfassenden allgemeinen Ausdruck als eine unter Art. 123 (2) EPÜ fallende unzulässige Änderung anzusehen ist, wenn über diesen allgemeinen Ausdruck implizit erstmals andere spezielle Merkmale als das offenbarte in Verbindung mit dem Anmeldungsgegenstand gebracht werden, im vorliegenden Fall nicht einschlägig war, da kein spezifisch offenbartes Merkmal durch seine Funktion ersetzt wurde. Vielmehr wurde ein allgemeiner Anspruch durch ein Merkmal eingeschränkt, das der Fachmann der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung unter Heranziehung seines allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig entnehmen würde.