2.1. Form der Ansprüche (Regel 43 (1) EPÜ)
Die Kammer hat in T 13/84 (ABl. 1986, 253) festgelegt, dass die zweiteilige Anspruchsform die geeignete ist, wenn ein klar abgegrenzter Stand der Technik vorliegt, von dem sich der beanspruchte Sachverhalt durch weitere technische Merkmale unterscheidet (ebenso T 181/95). Dies wurde durch T 162/82 (ABl. 1987, 533) bestätigt, in der die Kammer ergänzend ausgeführt hat, dass die Frage, in welchem Umfang der Stand der Technik in der Beschreibung angegeben ist, für die Feststellung, ob die einteilige oder die zweiteilige Anspruchsform im Einzelfall zweckmäßig ist, nicht ausschlaggebend ist.
In T 170/84 (ABl. 1986, 400) wurde betont, dass die zweiteilige Form nicht zweckdienlich ist, wenn sie zu einer zu komplexen Formulierung führen würde. Bei Abfassung des Anspruchs in der einteiligen Form müssen die zum Stand der Technik gehörenden Merkmale, die zur Festlegung des beanspruchten Gegenstands notwendig sind, klar genug aus der Beschreibung hervorgehen. Dieser Grundsatz wurde unter anderem in den Entscheidungen T 269/84, T 120/86, T 137/86 und T 278/86 bestätigt. In den beiden letzten Entscheidungen wurde ausgeführt, dass die zweiteilige Anspruchsform nicht zweckdienlich ist, wenn sie ein falsches Bild vom Stand der Technik vermittelt (ebenso T 181/95). In T 735/89 ließ die Kammer die Abfassung des Anspruchs in der einteiligen Form nicht zu, weil sie den Eindruck erweckte, es gebe keinen näherliegenden Stand der Technik.
In T 99/85 (ABl. 1987, 413) wurde festgelegt, dass keine Veranlassung besteht, im Einspruchsverfahren von Amts wegen auf eine Änderung des Anspruchswortlauts nur deshalb zu dringen, weil ein Merkmal des Oberbegriffs eines zweiteiligen Anspruchs nicht zum Stand der Technik gehört. Die Kammer stellte außerdem fest, dass R. 29 (1) EPÜ 1973 keine Rechtsvorschrift ist, deren Nichtbeachtung einen Einspruchsgrund darstellt. S. auch T 168/85, T 4/87, T 429/88, T 65/89.
In T 350/93 waren in der Patentanmeldung Verfahren zur Herstellung eines elektroaktivierten Werkstoffs und eines einen solchen Werkstoff umfassenden Verbundwerkstoffs offenbart. Die Anmeldung enthielt die Hauptansprüche in einteiliger Form. Die Kammer befand, dass die einteilige Form der Ansprüche gerechtfertigt sei, weil sich die beanspruchten Verfahren von den vorbekannten Verfahren durch Einzelheiten bestimmter Verfahrensstufen unterschieden, was zur Folge hatte, dass die Unterscheidungsmerkmale nur schwer in einfacher und unmissverständlicher Form ausgedrückt werden konnten.
In T 121/06 stellte die Kammer fest, dass die Merkmalskombination gemäß Anspruch 1 aus dem Stand der Technik nicht bekannt war. Es wäre daher der Logik des Anspruchs abträglich gewesen, seine Merkmale i bis iii in ihre Grundbausteine zu zerlegen, ohne ihren Zusammenhang zu berücksichtigen, nur um zu verdeutlichen, welche der Bausteine aus dem Stand der Technik bekannt waren. Die zweiteilige Fassung des Anspruchs wurde daher als ungeeignet verworfen (R. 29 (1) EPÜ 1973).
Für weitere Beispielsfälle, in denen die zweiteilige Anspruchsform nicht als zweckdienlich angesehen wurde, s. unter anderem T 345/89, T 378/92, T 723/93 und T 181/95.