2.6. Beschwerdebegründung
Ob ein Dokument Art. 108 Satz 3 EPÜ entspricht, hängt von seinem Inhalt und nicht von seiner Überschrift oder Form ab. In T 145/88 (ABl. 1991, 251) wurde festgestellt, dass das mit "Beschwerdebegründung" überschriebene Dokument nicht einmal ein Minimum an Argumenten enthielt und daher überhaupt keine Beschwerdebegründung war. Mit dem bloßen Vorhandensein irgendeiner Argumentation, auch wenn sie sich offensichtlich auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung bezieht, sowie der Überschrift "Beschwerdebegründung" oder "Begründung" wird die Schwelle des Art. 108 EPÜ nicht automatisch überwunden (T 1581/08 unter Hinweis auf T 145/88). Die Kammer stellte weiter fest, dass eine ausreichende Begründung auch keine Frage des Umfangs ist. Es gibt für die Zulässigkeit einer Beschwerde keine Mindestvorgaben hinsichtlich der Länge oder Ausführlichkeit der Argumentation. In diesem Zusammenhang ist danach zu unterscheiden, ob die Begründung für die Zulässigkeit der Beschwerde nicht ausreichend ist oder ob sie nicht ausreichend im Sinne von nicht überzeugend ist und daher – wenn die Argumente nicht zu überzeugen vermögen – zur Zurückweisung der Beschwerde führt (s. T 922/05 sowie unten). S. auch z. B. T 23/03 und T 613/07.
In T 74/12 wies die Kammer darauf hin, dass R. 99 (2) EPÜ nicht vorschreibt, dass in der Beschwerdebegründung ein Aktenzeichen anzugeben ist. Daraus ergibt sich als unmittelbare Schlussfolgerung, dass die Beschwerde wegen eines fehlenden Aktenzeichens nicht als unzulässig angesehen werden kann. Denn nur das Gesetz, bzw. hier das Übereinkommen und die Ausführungsordnung, darf bestimmen, unter welchen Bedingungen bestimmte Verfahrensschritte vorzunehmen sind und mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind. Es ist ein Verfahrensgrundsatz, dass ein Rechtsverlust oder ein Verlust eines Rechtsmittels nur dann eintreten kann, wenn solch eine Folge deutlich und präzise vorgeschrieben ist (s. auch T 1638/17).