5.10. Spätes Vorbringen von neuen Argumenten und Angriffslinien
In der Sache T 55/11 brachte der Beschwerdeführer (Einsprechende) in der mündlichen Verhandlung bei der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit der erteilten Ansprüche 1 und 20 ausgehend von Dokument D1 unter Berücksichtigung von Dokument D13 erstmals vor, dass es den Gegenständen dieser Ansprüche auch ausgehend von D13 unter Berücksichtigung von D1 an erfinderischer Tätigkeit mangele. Die Kammer liess die neuen Argumente zu. Beide Dokumente D1 und D13 waren im Verfahren vor der Einspruchsabteilung Gegenstand ausführlicher Erörterungen gewesen.
In T 161/09 beschloss die Kammer, in Ausübung ihres Ermessens das erste Argument der Beschwerdeführer zur Stützung ihres Einwands fehlender erfinderischer Tätigkeit zum Verfahren zuzulassen, obwohl dieses Argument erst während der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden war. Nach Auffassung der Kammer änderte aber dieses Vorbringen den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen des Verfahrens nicht. Auch in T 112/13 ließ die Kammer eine detailliertere und umfassendere Argumentation in der mündlichen Verhandlung gemäß Art. 13 (1) VOBK 2007 zu, weil diese die Darstellung des Sachverhalts in der Beschwerdebegründung nicht maßgeblich änderte.
In T 524/12 stellte der Vortrag des Beschwerdeführers (Einsprechenden) eine Ergänzung zu dem Vortrag dar, den sie vor der Einspruchsabteilung vorgebracht hat. Im Wesentlichen wurden ähnliche Merkmale diskutiert; die vorgebrachten Argumentationslinien entsprachen ebenfalls im Wesentlichen denen, die bereits diskutiert wurden. Damit aber bringt der Beschwerdeführer keinen grundsätzlich neuen Fall vor, sondern stützt lediglich den Vortrag vor der Einspruchsabteilung zu dem Einwand teilweise auf neue Argumente. Eine Nichtzulassung bloßer Argumente ist jedoch in Art. 12 (4) VOBK 2007 nicht vorgesehen.
S. auch die Fälle T 704/06 (ex parte), T 1941/10, T 216/10 und T 174/12, wo ebenfalls verspätet vorgebrachte Argumente ins Verfahren zugelassen wurden. S. auch T 1348/11.