4.3.7 Vorbringen, das im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen wäre oder dort nicht mehr aufrechterhalten wurde – Artikel 12 (6) Satz 2 VOBK 2020
Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
In T 291/21 reichte der Beschwerdegegner (Patentinhaber) mit der Erwiderung einen Versuchsbericht ein. Die Kammer betrachtete diesen Bericht als Reaktion auf die erstmalig kurz vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung konkret vorgebrachten Einwände gegen die Beispiele des Patents. In Anbetracht der zeitlichen Nähe dieser Eingabe zum Termin der mündlichen Verhandlung sei es dem Patentinhaber realistisch nicht mehr möglich gewesen, weitere Vergleichsversuche auszuführen. Auch war die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung zur erfinderischen Tätigkeit positiv. Die eingereichten Versuche schienen der Kammer zudem inhaltlich nicht über den im Patent abgesteckten Rahmen hinauszugehen und wurden daher zugelassen (Art. 12 (4) und (6) VOBK 2020).
Auch in T 802/20 reichte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) mit der Beschwerdebegründung einen Versuchsbericht D22 ein, um eine technische Wirkung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zu belegen. Die Kammer ließ den Bericht nach Art. 12 (4) und (6) VOBK 2020 aus folgenden Gründen zu: Der betreffende Hilfsantrag (Hauptantrag im Beschwerdeverfahren) war kurz vor dem Zeitpunkt nach R. 116 EPÜ eingereicht worden und der dagegen erhobene Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit erst kurz vor der mündlichen Verhandlung. Nach Auffassung der Kammer war der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung auf diesen Einwand zu reagieren. Die Vorlage von D22 zusammen mit der Beschwerdebegründung konnte daher als Einreichung bei der ersten sich bietenden Gelegenheit angesehen werden.