8.1.2 Nicht therapeutische Behandlung von Tieren
Im Fall T 469/94 war der Anspruchssatz als zweite nicht therapeutische Verwendung eines Erzeugnisses (Cholin oder Cholinderivat) zur Linderung von Muskelermüdung formuliert worden. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass die Behandlung von Muskelerkrankungen und Muskelhartspann mit Cholin gleichbedeutend oder sogar synonym sei mit der anmeldungsgemäßen Behandlung zur Linderung von Muskelermüdung. Die Kammer gelangte zu dem Schluss, dass die Eigenschaft von Cholin, die Wahrnehmung der Ermüdung zu vermindern, der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht worden war. Die erste Verwendung von Cholin auf therapeutischem Gebiet war aus zwei Vorveröffentlichungen bekannt. Die Kammer vertrat die Auffassung, dass eine unabhängige Erfindung auf die neu entdeckte Wirkung gestützt werden könne, wenn diese zu einer neuen technischen Anwendung führt, die sich von der bisher bekannten klar unterscheidet. Den Offenbarungen der Vorveröffentlichungen zufolge war Cholin bei Gruppen von Patienten eingesetzt worden, die offensichtliche Erkrankungen, nämlich Epilepsie oder Muskelerkrankungen und -verletzungen, aufwiesen. Die Kammer bemerkte dazu, dass eine auf große körperliche Anstrengung zurückzuführende Ermüdung nicht pathologischer Natur sei. Eine größere körperliche Anstrengung wäre wohl auch völlig unvereinbar mit den in den Vorveröffentlichungen angesprochenen Zuständen, insbesondere Muskelverletzungen. Deshalb sei die erfindungsgemäße nicht therapeutische Verwendung von Cholin von der bekannten therapeutischen Verwendung unabhängig und von ihr unterscheidbar, weil sie auf eine andere Personengruppe abzielt. Die Kammer erkannte deshalb dem Gegenstand des streitigen Anspruchs Neuheit zu.