5. Deutlichkeit und Vollständigkeit der Offenbarung
Eine Erfindung ist im Prinzip ausreichend offenbart, wenn dem Fachmann mindestens ein Weg zu ihrer Ausführung eindeutig aufgezeigt wird. Dabei ist es für die ausreichende Offenbarung unerheblich, ob einige Varianten eines funktionell definierten Merkmals einer Erfindungskomponente verfügbar sind oder nicht, solange dem Fachmann aufgrund der Offenbarung oder seines allgemeinen Fachwissens geeignete Varianten bekannt sind, die für die Erfindung dieselbe Wirkung haben (T 292/85, ABl. 1989, 275). Dies bestätigen auch zahlreiche Entscheidungen: z. B. T 81/87 (ABl. 1990, 250), T 301/87 (ABl. 1990, 335), T 212/88 (ABl. 1992, 28), T 238/88 (ABl. 1992, 709), T 60/89 (ABl. 1992, 268), T 182/89 (ABl. 1991, 391), T 19/90 (ABl. 1990, 476), T 740/90, T 456/91 und T 242/92.
Umfasst ein Anspruch nicht funktionsfähige Ausführungsformen (non-working embodiments), so kann das je nach den Umständen unterschiedliche Folgen haben (G 1/03, ABl. 2004, 413, Nr. 2.5.2 der Gründe, mit Verweis auf T 238/88, ABl. 1992, 709; T 292/85, ABl. 1989, 275 und T 301/87, ABl. 1990, 335). Diese Passage von G 1/03 wird in T 2210/16 analysiert. S. auch T 875/16 (Nrn. 7 und 35 der Gründe).
In T 941/16 (Biochemie) stellte die Kammer fest, dass das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung für alle technischen Gebiete gilt. Abhängig vom konkreten Einzelfall verstoßen somit auch Erfindungen, die generische chemische Formeln betreffen und nicht funktionsfähige Ausführungsformen mit funktionellen Merkmalen umfassen, gegen die Erfordernisse des Art. 83 EPÜ.
In T 1809/17 brachte der Einsprechende vor, Anspruch 1 sei nicht hinreichend offenbart, weil nicht alle wesentlichen Merkmale definiert seien. Laut Kammer sei hierbei aber nicht maßgeblich, ob der unabhängige Anspruch alle wesentlichen Merkmale definiere, sondern ob die gesamte Patentschrift dem Fachmann wenigstens ein gangbares Ausführungsbeispiel aufzeige, wie die in Anspruch 1 definierte Erfindung umsetzbar sei.
- T 867/21
Catchword: Im vorliegenden Fall konnte von der Beschwerdeführerin nicht erwartet werden, auf einen einzelnen Aspekt einer in ihrer Gesamtheit nicht überzeugenden Argumentationslinie in der angefochtenen Entscheidung der Prüfungsabteilung mit auf diesen Aspekt gerichteten Änderungen, die alle Einwände der Beschwerdekammer ausräumen, bereits bei Einlegen der Beschwerde zu reagieren.
- T 149/21
Catchword:
Zur Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung "im gesamten beanspruchten Bereich": siehe Punkt 3 der Entscheidungsgründe.
- T 1983/19
Catchword:
Ausführbarkeit der Erfindung "über den gesamten beanspruchten Bereich" auf dem Gebiet der Mechanik (siehe Punkt 2.1.3 der Entscheidungsgründe)
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”