4.3.5 Unvollständiges Vorbringen in Beschwerdebegründung oder Erwiderung – Artikel 12 (3) VOBK 2020 in Verbindung mit Artikel 12 (5) VOBK 2020
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Dieser Abschnitt wurde aktualisiert, um die Rechtsprechung und Gesetzänderungen bis 31. Dezember 2023 zu berücksichtigen. Die vorherige Version dieses Abschnitts finden Sie in "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 10. Auflage (PDF). |
- T 1695/21
Zusammenfassung
In T 1695/21 beantragte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin), einen Einwand nach Art. 84 EPÜ gegen ihren Hauptantrag nicht in das Verfahren zuzulassen, da in der Beschwerdebegründung keine konkreten Passagen der Beschreibung angegeben worden seien, durch die dieser Einwand begründet sein könnte, und dieser daher nicht substantiiert sei (Art. 12 (3) und (5) VOBK).
Die Kammer rief in Erinnerung, dass gemäß Art. 12 (3) VOBK die Beschwerdebegründung und die Erwiderung das vollständige Beschwerdevorbringen der Beteiligten enthalten müssen. Dementsprechend müssen sie laut dieser Vorschrift deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen; sie sollen ausdrücklich alle geltend gemachten Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel im Einzelnen anführen.
Die Kammer wies darauf hin, dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall in ihrer Beschwerdebegründung auf spezifische Punkte der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung verweise. Dort seien die Absätze der Beschreibung konkret angegeben, auf welche sich die Beschwerdeführerin im Einspruchsverfahren hinsichtlich des Einwands nach Art. 84 EPÜ bezogen habe. Die Kammer merkte auch an, dass diese in identischer Weise auch in der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben seien. Nach Ansicht der Kammer ist aufgrund dieses Verweises und der Erläuterung, worin die vermeintliche Inkonsistenz der Beschreibung bestehe, der Beschwerdebegründung zu entnehmen, welche Passagen der Beschreibung die Beschwerdeführerin als problematisch im Hinblick auf Art. 84 EPÜ ansah. Damit sei der Gegenstand des Einwands zumindest im Wesentlichen erkennbar. Die Kammer teilte daher die Schlussfolgerung der Beschwerdegegnerin, dass ein Verstoß gegen Art. 12 (3) VOBK vorliege, nicht, sondern sah den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand nach Art. 84 EPÜ als ausreichend substantiiert an.
Die Kammer berücksichtigte den Einwand daher im Beschwerdeverfahren und gelangte zu dem Ergebnis, dass dieser Einwand dem Hauptantrag entgegenstehe, der somit zurückgewiesen wurde.
- T 559/20
Zusammenfassung
In T 559/20 ließ die Kammer die Hilfsanträge 1 bis 3 gemäß Art. 12 (5) i. V. m. Art. 12 (3) VOBK nicht zu, da sie nach ihrer Auflassung ohne erkennbare inhaltliche Begründung gestellt worden waren.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hatte lediglich argumentiert, die Hilfsanträge schränkten den Schutzumfang des Gegenstands des Hauptantrags weiter ein, so dass sie ebenso wie der Hauptantrag neu und erfinderisch seien.
Da diese Hilfsanträge aber bereits Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren, wäre nach Ansicht der Kammer zu erwarten gewesen, dass sich die Beschwerdeführerin mit den Entscheidungsgründen zu den Hilfsanträgen auseinandersetzt.
Zudem sei die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte pauschale Begründung, die Hilfsanträge seien eingeschränkter und daher aus demselben Grund wie der Hauptantrag neu und erfinderisch, ersichtlich nicht geeignet, ihre Gewährbarkeit für den Fall zu begründen, dass die Kammer den Hauptantrag für nicht gewährbar hält. Daher komme diese Begründung dem völligen Fehlen einer Begründung gleich.
- Sammlung 2023 “Abstracts of decisions”