1.10. Spezifisch abgeleitet von generisch
Es ist ein allgemeiner Grundsatz der Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass ein generischer Begriff oder eine generische Ausführungsart keinen spezifischen Begriff bzw. keine spezifische Ausführungsart offenbart, es sei denn, die Anmeldung lehrt etwas anderes (T 88/12). In dem in T 88/12 behandelten Fall war in dem generischen Begriff "Waschmaschine" nicht der spezifische Begriff "Trockner" offenbart.
In T 367/92 wurde eine Änderung zurückgewiesen, weil sie einen spezifischen Begriff enthielt, der nach Auffassung der Kammer nicht als klar und eindeutig aus dem ursprünglich offenbarten generischen Begriff ableitbar angesehen werden konnte. Im vorliegenden Fall hing die Frage letztlich davon ab, ob der generische Begriff "Polyester" mit dem spezifischen Begriff "Polyethylenterephthalat" gleichgesetzt werden kann. Das einzige Dokument, das der Beschwerdeführer (Patentinhaber) zur Stützung seiner Behauptungen beibrachte, bewies nur, dass Polyethylenterephthalat ein Polyester ist (was nie bestritten worden war), nicht aber, dass "Polyester" implizit "Polyethylenterephthalat" bedeutet.
In T 187/91 waren die Erfindung und ihre bevorzugten Ausführungsarten in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung durchweg mit mehr als einer Lichtquelle beschrieben worden. In der Beschreibung fand sich allerdings ein Hinweis, dass die bevorzugte Ausführungsart der Erfindung zwar mit drei Lichtquellen dargestellt sei, aber "natürlich auch mehr oder weniger Lichtquellen [...] eingesetzt werden" könnten. Die Kammer erklärte, dass ein spezifisches Beispiel (eine einzige Lichtquelle) innerhalb einer generischen Offenbarung (mehr oder weniger als drei Lichtquellen), das unter die Beschreibung der Erfindung in der ursprünglich eingereichten Anmeldung fällt, zum Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung gehört, wenn der fachkundige Leser das spezifische Beispiel – unter Berücksichtigung seines Kontexts in der übrigen Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung – ernsthaft als mögliche praktische Ausführungsart der beschriebenen Erfindung in Betracht ziehen und nichts Gegenteiliges erwarten würde. In der vorliegenden Sache befand die Kammer, dass der fachkundige Leser der Anmeldung den Einsatz einer einzigen Lichtquelle ernsthaft erwägen würde.
Zu Fällen, in denen die Kammern zu der gegenteiligen Schlussfolgerung gelangten, nämlich dass der Fachmann die beanspruchte spezifische Wahl nicht ernsthaft in Betracht ziehen würde, s. z. B. T 725/99 und T 1038/01.