4.5.8 Einreichung neuer Tatsachen, Einwände, Argumente und Beweismittel – außergewöhnliche Umstände verneint
In T 48/17 hatte die Kammer eine Änderung des Vorbringens des Beschwerdegegners (Einsprechenden) zu prüfen, die dieser während der mündlichen Verhandlung vorgebracht hatte. Der Beschwerdegegner argumentierte im Wesentlichen, dass diese Einwände bereits in der ersten Instanz vorgebracht, aber nicht erörtert worden waren. Die Nichtberücksichtigung dieser Einwände im Beschwerdeverfahren ohne Rückverweisung der Sache an die erste Instanz stellte nach Ansicht des Beschwerdegegners somit eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör dar. Die Kammer betonte jedoch, dass das EPÜ einem Einsprechenden kein uneingeschränktes Recht darauf einräumt, dass alle im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einwände erörtert werden. Im vorliegenden Fall hatte die Einspruchsabteilung dem Einspruch des Beschwerdegegners stattgegeben. Im Hinblick auf das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens bewirke die Beschwerde des Patentinhabers zunächst, dass die angefochtene Entscheidung im Lichte der Einwände, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, überprüft wird. Andere vor der Einspruchsabteilung zulässige Einwände hätten ausdrücklich in Erwiderung auf die Beschwerde erhoben werden müssen. Wären die in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände zugelassen worden, hätte der Patentinhaber keine Möglichkeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Ein solches Vorgehen würde weder dem Gebot der Verfahrensökonomie noch dem Grundsatz eines fairen Verfahrens entsprechen.