3. Rechtsstellung des Dritten
In Art. 115 EPÜ Satz 2 EPÜ ist ausdrücklich festgelegt, dass ein Dritter nicht Verfahrensbeteiligter wird. Grundsätzlich stehen dem Dritten aufgrund seiner Stellung keine Verfahrensrechte eines am Verfahren Beteiligten zu, wie insbesondere das Recht zur Beschwerde und den Anspruch auf rechtliches Gehör (T 1756/11; G 2/19, ABl. 2020, A87). In T 831/17 vom 21. Oktober 2019 date: 2019-10-21 führte die Kammer aus, dass der Konventionsgeber sich entschieden hat, nur Verfahrensbeteiligten, nicht aber den Verfassern von Einwendungen Dritter, ein Beschwerderecht zu geben. In G 2/19 wurde ausgeführt, dass ein Dritter nicht dadurch zum Verfahrensbeteiligten wird, dass seine Hinweise im Verfahren berücksichtigt werden. Zudem geht mit der fehlenden Verfahrensbeteiligung des Dritten einher, dass er durch die im jeweiligen Verfahren ergangene Entscheidung im Rechtssinne nicht beschwert ist. Das entspricht Sinn und Zweck von Art. 115 EPÜ Satz 1 EPÜ.
In T 951/91 (ABl. 1995, 202) befand die Kammer, dass bei Auslegung des Art. 115 EPÜ 1973 im Lichte seines Zieles und Zweckes klar werde, dass er ausschließlich der Einschränkung, nicht aber der Ausweitung der Rechte Dritter und schon gar nicht der Ausweitung ihrer Rechte über die Rechte der an Verfahren vor dem EPA Beteiligten hinaus dienen solle (s. auch T 1756/11, T 1528/13 und T 2255/15).
Nach T 390/07 liegt es vollständig im Ermessen der Kammer, Einwendungen Dritter zuzulassen, da Dritte im Sinne des Art. 115 EPÜ keine Verfahrensbeteiligten sind und ihnen somit lediglich die Gelegenheit gegeben wird, "Einwendungen zu erheben". Zwar können Einwendungen Dritter nach der ständigen Rechtsprechung sowohl in der ersten Instanz als auch in der Beschwerde geprüft werden, eine darüber hinausgehende Verpflichtung für die Kammer besteht jedoch nicht, und Dritte haben keinen Anspruch darauf, in der Frage gehört zu werden, ob ihre Einwendungen oder die zur Stützung beigebrachten Beweise zulässig sind. Was die tatsächlichen Verfahrensbeteiligten betrifft, so haben diese natürlich das Recht, zu Einwendungen gehört zu werden. Über die Zulässigkeit von Einwendungen Dritter hat deshalb allein die Kammer zu befinden. Ein Verfahrensbeteiligter kann zu neuen Tatsachen und Beweismitteln aus Einwendungen Dritter, welche nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereicht wurden, jederzeit Stellung nehmen, wenn diese aus Sicht des Beteiligten entscheidungserheblich sein könnten. Es hat dann sowohl zur Zulassung, als auch zur Nichtzulassung der verspäteten Stellungnahme ins Verfahren eine Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung bzw. Beschwerdekammer zu ergehen (T 1756/11).
In T 283/02 hatte die Einspruchsabteilung die Einwendungen Dritter dem Patentinhaber ordnungsgemäß übermittelt, der keine Bemerkungen dazu machte. Dass die Einspruchsabteilung diese Einwendungen in ihrer Entscheidung nicht erwähnte, stellte keinen Verfahrensmangel dar, obwohl eine Erwähnung wünschenswert gewesen wäre.
In G 2/19 stellte die Kammer fest, dass ein Dritter im Sinne von Art. 115 EPÜ, der gegen die Entscheidung über die Erteilung eines europäischen Patents Beschwerde eingelegt hat, keinen Anspruch darauf hat, dass vor einer Beschwerdekammer mündlich über sein Begehren verhandelt wird, zur Beseitigung vermeintlich undeutlicher Patentansprüche (Art. 84 EPÜ) des europäischen Patents den erneuten Eintritt in das Prüfungsverfahren anzuordnen.