3.1. Relevanz der Beweismittel
Ein Organ des EPA ist grundsätzlich verpflichtet, sich von der Relevanz der geforderten Beweismittel zu überzeugen, bevor es über deren Annahme oder Ablehnung entscheidet. Tatsächlich besitzen die Organe des EPA einen Ermessensspielraum für die Zulassung angebotener Beweismittel, wenn beispielsweise (i) das angebotene Beweismittel ohnehin nicht mehr erforderlich ist, weil die zu beweisende Tatsache von der Gegenpartei nicht bestritten wird, (ii) weil im Sinne der Beweis anbietenden Partei entschieden wird, (iii) weil das Beweismittel in einem sehr späten Stadium des Verfahrens vorgelegt wurde und nicht als entscheidungserheblich angesehen wird, oder (iv) weil aus anderen Gründen das angebotene Beweismittel das Ergebnis der zu treffenden Entscheidung keinesfalls beeinflussen kann, z. B. bei in einem zu spät eingelegten unzulässigen Einspruch enthaltenem Beweisangebot (T 142/97, ABl. 2000, 358).
In T 798/93 (ABl. 1997, 363) stellte die Kammer fest, dass die einzige konkrete Beweisaufnahme, deren Anordnung der Beschwerdeführer beantragt hatte, nämlich die Abgabe einer schriftlichen Erklärung unter Eid, weder für sachdienlich noch für notwendig erachtet wurde, da keine berechtigten Zweifel an der Identität des Einsprechenden bestanden.
Geeignete Beweisangebote der Parteien sollten ausgeschöpft werden. Es ist grundsätzlich keine korrekte Verfahrensweise, wenn die Einspruchsabteilung in einer streitigen und für den Rechtsbestand des angegriffenen Patents hoch relevanten Frage auf das Beweisangebot einer mündlichen Vernehmung eines Zeugen oder Beteiligten nicht eingeht (T 329/02; s. T 860/01 über den Umfang des Ermessens der ersten Instanz).
Alle nachfolgend aufgeführten Fälle betreffen konkrete Anträge auf Zeugenvernehmung. Die Überschriften der einzelnen Unterabschnitte dienen der Orientierung. Da sich Entscheidungsbegründungen auf mehrere verschiedene Aspekte beziehen können, werden in der einen oder anderen Zusammenfassung auch nicht unter die jeweilige Überschrift fallende Punkte behandelt.