2.2.4 Identität des Einsprechenden und Berichtigung der Namensangabe
Gemäß T 1551/10 ist es für die Zulässigkeit eines Einspruchs erforderlich, dass der Einsprechende mit Ablauf der Einspruchsfrist identifizierbar ist (T 25/85, ABl. 1986, 81). Ist dies der Fall, können falsche Angaben berichtigt werden (T 219/86, ABl. 1988, 254; T 870/92 date: 1997-08-08). Die Swisscom (Schweiz) AG war, wie aus den vorgelegten Handelsregister-auszügen ersichtlich, – zunächst unter ihrem früheren Namen Swisscom Fixnet AG, später unter ihrem jetzigen Namen – die (alleinige) Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglich als Einsprechende genannten Swisscom Mobile AG, die jedoch bereits vor Einlegung des Einspruchs im Handelsregister gelöscht worden war. Es ist nicht anderweitig ersichtlich, dass Teile des Geschäftsbetriebs der Swisscom Mobile AG von einer anderen Rechtsperson übernommen worden sind. Daher war die Swisscom (Schweiz) AG unter ihrem früheren Namen Swisscom Fixnet AG bzw. unter ihrem jetzigen Namen mit Ablauf der Einspruchsfrist als Einsprechende erkennbar und eindeutig identifizierbar. Prozessuale Erklärungen, die unrichtigerweise im Namen einer bereits verstorbenen Partei oder einer infolge Fusion nicht mehr existenten juristischen Person abgegeben werden, können als im Namen des jeweiligen Gesamtrechtsnachfolgers abgegeben angesehen werden (T 15/01, ABl. 2006, 153). Aus diesen Gründen konnte die unrichtige Bezeichnung der Einsprechenden gemäß R. 139 EPÜ korrigiert werden. S. jedoch T 1226/13, wo die Kammer zusätzliche Belege hinsichtlich der wirklichen Absicht der Person gefordert hatte, für die die Einspruchsschrift eingereicht worden war.
Die Kammer wies in T 1269/11 darauf hin, dass sowohl R. 77 EPÜ als auch R. 139 EPÜ zur Berichtigung irrtümlicher Falschangaben bei der Bezeichnung des Einsprechenden (Beschwerdegegners) im Einspruchsschriftsatz grundsätzlich zur Verfügung stehen (in Analogie zu G 1/12, ABl. 2014, A114 zur Berichtigung einer fehlerhaften Bezeichnung des Beschwerdeführers, zusammengefasst in Kapitel V.A.2.5.2 a)). Im vorliegenden Fall lagen jedoch keine ausreichenden Beweise vor, sodass eine Berichtigung nicht zugelassen werden konnte.
Die Anwendbarkeit von R. 139 EPÜ auf die Berichtigung des Namens des Einsprechenden wurde (unabhängig von der Frage der Identifizierbarkeit des Einsprechenden, die nicht erörtert wurde) in T 615/14 mit folgender Maßgabe bestätigt: Einem Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung des Einsprechenden in der Einspruchsschrift ist nach Regel 139 Satz 1 EPÜ stattzugeben, wenn dieser Antrag den in G 1/12 (ABl. 2014, A114) bestätigten Grundsätzen entspricht, d. h. insbesondere die ursprüngliche Absicht bei der Einspruchseinlegung widerspiegelt und nicht die Durchsetzung neuer Vorstellungen nach einem Sinneswandel oder weiter ausgestalteter Pläne ermöglichen soll, und wenn dies der wirklichen und nicht der vorgeblichen Absicht des Beteiligten entspricht. Die ursprüngliche Absicht zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung kann auch anhand von nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichten Beweismitteln festgestellt werden. S. auch T 603/15 sowie T 1226/13, in der (unter Hinweis auf G 1/12, ABl. 2014, A114 und J 8/80, ABl. 1980, 293) auf die hohen Anforderungen an die Beweislast hingewiesen wurde.
In T 2254/14 prüfte die Kammer zunächst, ob die Einsprechende am Ende der Einspruchsfrist ausreichend identifizierbar war. Da aber der auf dem Formblatt EPA 2300 angegebene Handelsname einer anderen Rechtsperson zugeordnet werden konnte, als der in der Einspruchsbegründung genannten Rechtsperson, enthielt die Einspruchsschrift widersprüchliche Angaben zur Person der Einsprechenden. Mit Verweis auf G 1/12 (ABl. 2014, A114) bejahte die Kammer aber die Möglichkeit einer Berichtigung nach R. 139 EPÜ. Die in der Entscheidung G 1/12, insbesondere Nr. 37 der Gründe, dargelegten Kriterien sah die Kammer als erfüllt an.
Auch in T 579/16 stellte die Kammer zunächst fest, dass die Identität der Einsprechenden aus den bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten nicht eindeutig feststellbar sei. Sie bestätigte aber die Möglichkeit, die Bezeichnung der Einsprechenden gemäß R. 139 Satz 1 EPÜ unter Berücksichtigung der in G 1/12 (ABl. 2014, A114) genannten Grundsätze zu berichtigen. Das Erfordernis der "Unverzüglichkeit" des Berichtigungsantrags legte die Kammer unter Hinweis auf § 121 (1) des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs als "ohne schuldhaftes Zögern" aus. Demnach komme es nicht auf die objektive, sondern auf die subjektive Zumutbarkeit des alsbaldigen Handelns an. Es komme also neben den nach der Entscheidung J 16/08 zu berücksichtigenden Einzelfallumständen auf die Kenntnisse und persönliche Sichtweise des zum Handeln Verpflichteten an. Im betreffenden Fall bejahte die Kammer die Unverzüglichkeit. In T 603/15 hingegen wurde der Berichtigungsantrag abgelehnt, weil die in Nummer 37 der Gründe von G 1/12 genannte Bedingung d nicht erfüllt war.
Dieser Ansatz wurde auch in T 1755/14 verfolgt, wo die Einheit, in deren Namen der Einspruch eingelegt worden war, vor der Einspruchseinlegung aufgehört hatte zu existieren, sodass keine Einsprechendenstellung erlangt wurde, die hätte übertragen werden können. Nach Prüfung der in G 1/12 (Nr. 37 der Gründe) aufgestellten Gründe gab die Kammer jedoch dem Antrag auf Berichtigung des Fehlers statt.
In T 1638/14 war der Einspruchsschrift das Formblatt 2300 nicht beigefügt worden, und die Angaben zur Identität des Einsprechenden in der Kopfzeile und im Haupttext der Mitteilung waren widersprüchlich. Nach Ansicht der Kammer war die Identität des Einsprechenden am Ende der Einspruchsfrist nicht eindeutig festgestellt worden. Der Antrag des Einsprechenden auf Berichtigung nach R. 139 Satz 1 EPÜ wurde zurückgewiesen, da die in G 1/12 (ABl. 2014, A114) genannten Bedingungen nicht erfüllt waren.